Finger ab, Ohren taub: Experten mahnen bei Raketen und Co. zur Vorsicht
Finger ab, Ohren taub: Bei Unfällen mit Pyrotechnik gibt es jedes Jahr an Silvester unzählige Verletzte. Experten und Behörden mahnen zur Vorsicht oder plädieren für einen Verzicht auf Raketen und Co.
Innsbruck – Manche sind einfach nur laut, einige sprühen Funken, wieder andere tauchen den Nachthimmel in buntes Licht. An Silvester haben Böller, Wunderkerzen, Raketen und Co. Hochkonjunktur, werden überall im Land zigtausendfach gezündet. Dabei kommt es jedes Jahr aufs Neue zu schweren Unfällen, Menschen erleiden Gehörschäden, verlieren Finger oder ganze Gliedmaßen. Behörden und Experten bitten wegen dieser und anderer Gefahren, vorsichtig mit Feuerwerkskörpern umzugehen – oder plädieren dafür, gleich ganz darauf zu verzichten.
In Tirol ist es schon seit Jahren verboten, Pyrotechnik im Ortsgebiet, vor Krankenhäusern und Seniorenheimen abzufeuern. Zudem gelten beim Kauf der Produkte – je nach Kategorie – strenge Altersbegrenzungen, für gewisse braucht es Sachkunde oder Fachkenntnis. Immer wieder gelangen Raketen und Knaller in falsche Hände oder werden illegal aus dem Ausland importiert.
💡 Raketen, Böller und Co
Gut zu wissen: Was zu Silvester in Tirol erlaubt ist und was nicht
💡 Böller-Unfälle vermeiden
Gut zu wissen: Was man im Umgang mit Pyrotechnik beachten sollte
Der österreichische Zoll hat im vergangenen Jahr bei Kontrollen insgesamt 954 Feuerwerkskörper gefunden und beschlagnahmt. Heuer waren es bis Mitte Dezember bereits 1720 Stück, wie die Behörde unlängst in einer Aussendung mitteilte. „Setzen Sie nicht auf illegale Böller oder Raketen, die potenziell gefährlich für Sie oder andere Menschen sind“, warnt der für diese Angelegenheiten zuständige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). „Das neue Jahr mit einem Feuerwerk zu begrüßen, ist für viele eine schöne Tradition. Allerdings nur dann, wenn es im Einklang mit unseren Vorschriften steht und auch kein Risiko für die eigene oder die Gesundheit von anderen darstellt.“
Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit gab es in den vergangenen zehn Jahren bundesweit insgesamt rund 1600 Verletzte bei Pyrotechnik-Unfällen. Am häufigsten sind demnach Jugendliche im Alter zwischen 15 und 24 Jahren in diese Ereignisse verwickelt (55 Prozent), gefolgt von Erwachsenen bis zum Alter von 64 Jahren (28 Prozent) und Kindern bis 14 Jahre (12 Prozent). Bei den betroffenen Körperteilen rangieren in dieser Statistik die Finger auf Platz eins (46 Prozent), dicht dahinter liegen Hände (42 Prozent) und mit einigem Abstand Unterarme (fünf Prozent) und diverse Bereiche im Gesicht (vier Prozent).
Verbrennungen, Splitter im Auge, abgesprengte Finger
„Das größte Problem sind die mit Schwarzpulver selbst gebastelten Böller. Da passiert am meisten“, sagt Peter Kronberger, Verbrennungs- und Explosionstraumaspezialist an der Innsbrucker Uni-Klinik für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie. Rund um den Jahreswechsel behandeln Kronberger und seine Kolleginnen und Kollegen besonders viele Patienten mit Verbrennungen, Splittern im Auge, abgesprengten Fingern. „Je größer, besser, schöner das private Feuerwerk werden soll, desto gefährlicher wird es meistens.“ Von einem generellen Verbot für Knaller und Konsorten hält Kronberger trotzdem nichts. „Wenn sie kontrolliert gezündet werden, spricht nichts dagegen.“
Kein generelles Verbot der Böllerei, sondern einen freiwilligen Verzicht darauf regt der Präsident der Tiroler Landwirtschaftskammer, Josef Hechenberger, an. Bei der Explosion von Feuerwerkskörpern würden giftige Schwermetallpartikel wie Blei, Nickel oder Arsen freigesetzt, welche dann in Böden und Gewässer und somit in den Nahrungskreislauf gelangen würden. „Ich bitte darum nachzudenken, ob das Abfeuern wirklich notwendig ist“, sagt er.
Aber nicht nur Raketen und Knaller stellen in der Silvesternacht eine Gefahr dar, erklärt Tirols Jugend- und Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) in einer Aussendung. „In letzter Zeit kam es leider vermehrt zu Vorfällen mit K.-o.-Tropfen“, sagt sie. Die beste Vorbeugung dagegen sei, das Getränk nicht aus den Augen zu lassen. Besonders junge Menschen ruft Mair zu Eigenverantwortung und Vernunft auf. „Viele Jugendliche freuen sich zu Silvester auf das Feiern. Dies soll nicht nur Spaß machen, sondern auch sicher ablaufen.“
Für eine Nacht ohne gröbere Vorkommnisse sorgen will, wie berichtet, auch die Tiroler Polizei. Gestern erklärte die Exekutive, dass an Silvester mehr als 150 zusätzliche Beamte im Einsatz stehen und vor allem Großveranstaltungen überwachen sollen.