Interview zu Doskozil und Co.

SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch: „Bewusst herausgenommen“

Pamela Rendi-Wagner nimmt das SPÖ-intern strittige Asylthema auf die Klausur-Agenda.
© Imago/Sepa/Juen

SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch zum Vorgehen des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil und zum Flüchtlingskurs seiner Partei.

Wien – Die zu Neujahr obligaten Klausuren gibt es auch heuer. Die türkis-grünen Koalitionäre tagen am 10. und 11. Jänner in Wien-Mauerbach – unter dem Motto „Lehren aus der Krise“. Das SPÖ-Bundespräsidium gibt es schon am 4. und 5. Jänner in Klagenfurt – unter dem Motto „Soziale Politik für Österreich“. Das wird auch der Leitspruch für die Frühjahrskampagne sein.

„Mit Teuerung, Bildung, Gesundheit, Pflege und Migration haben wir fünf Schlüsselbereiche für 2023 auf der Agenda“, sagt Parteigeschäftsführer Christian Deutsch im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung.

Mit dem Thema Flüchtlinge und Asyl tun sich die Roten ja nach wie vor schwer. Immer wieder gibt es öffentlichen Zwist wegen unterschiedlicher Zugänge. Die Pole: hier etwa der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, da der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, dazwischen die Bundespartei.

Von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner zur Klausur geladen ist der Migrationsexperte Gerald Knaus, Autor und Vorsitzender der Denkfabrik „Europäische Stabilitäts-Initiative – ESI“. Er wird zu Migration und Flucht in Europa referieren. Doskozil, der viele Genossen mit der Forderung nach einem restriktiveren Kurs reizt, wird nicht zugegen sein. Es sei niemand aus dem Burgenland in das Präsidium gewählt worden, heißt es gegenüber der TT aus der Landespartei.

Gerade die SPÖ steht für Humanismus. Bürgermeister Babler sollte die Kritik an die ÖVP richten.
Christian Deutsch (SPÖ-Manager)

Dazu sagt Deutsch: „Doskozil hat uns vor dem Parteitag 2021 schriftlich mitgeteilt, dass er weder im Präsidium noch im Vorstand sein möchte. Er hat sich bewusst aus den Gremien herausgenommen. Es war seine Entscheidung. Wir haben auch eine Arbeitsgruppe zum Thema Migration. Dazu war er eingeladen. Er hat nicht zugesagt.“ Damit seien die internen Debatten zur Causa „schwierig“.

Dass es ein politisches Kunststück sei, angesichts des geringen Zuspruchs aus der Bevölkerung für die Regierung und der Themen, die klassische sozialdemokratische sind, mit Streitereien aufzufallen, gesteht Deutsch ein: „Das ist ärgerlich. Wir haben gesehen, dass es möglich ist, in Umfragen zuzulegen. Das haben wir kontinuierlich getan. Wir haben aber auch gesehen, dass wir zurückgefallen sind, wenn die öffentlichen Diskussionen beginnen. Das schadet der Partei.“

Ob der „Zwischenrufe aus dem Burgenland“ wäre es Sache von Deutsch, für Ruhe in der Partei zu sorgen, hatte Babler im TT-Interview befunden. Warum tut er das nicht? „Ich dränge als Bundesgeschäftsführer darauf, wie wichtig es ist, Diskussionen intern zu führen. Wir müssen geschlossen auftreten. Und ich erwarte mir eine gemeinsame Linie. Denn das kann nur funktionieren, wenn sich alle in der Partei daran halten.“

Apropos Linie: Was will die SPÖ in Flüchtlings- und Asylfragen? Trotz des Leitfadens von Doskozil und dem Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser ist das selbst vielen Genossinnen und Genossen ob der unterschiedlichen Äußerungen coram publico nicht klar. Deutsch verwahrt sich gegen den Vorhalt eines „Eiertanzes“, auch gegen jenen, dass sich die SPÖ vor der Angelegenheit drücken möchte: „Wir wollen das Thema nicht ausklammern. Es gibt eine klare Positionierung – seit dem Parteitagsbeschluss von 2018 mit dem Kaiser/Doskozil-Papier. Es gibt nur unterschiedliche Nuancierungen.“

Die Linie laute: „Integration vor Zuzug, Menschlichkeit und Kontrolle: Es kann nicht jeder kommen, der kommen möchte. An den europäischen Außengrenzen ist in Verfahrenszentren zu regeln, wer nach Europa kommen darf. Den Schleppern ist das Handwerk zu legen. Und Menschen, die in Not, mit dem Tod bedroht sind, ist zu helfen. Wir haben etwa darauf gedrängt, dass Kinder aus dem Flüchtlingslager Moria aufzunehmen sind.“

Warum fordert Babler dann Haltung und Anstand gegenüber Flüchtlingen ein? „Ich weiß nicht, wie er dazu kommt. Gerade die SPÖ steht für Humanismus – nicht nur in ihrem Programm, sondern auch mit ihren Taten. Wir haben, etwa im Gegensatz zur ÖVP, die Menschenrechtskonvention nicht infrage gestellt. Er sollte die Kritik an die ÖVP richten.“ Auch Bablers Begehren nach Re-Ideologisierung der SPÖ könne er „nicht nachvollziehen“, sagt Deutsch: „Die SPÖ verfügt nicht nur über ein Programm mit Grundsätzen, das fließt auch in die Politik ein. Das ist unser tägliches Bemühen.“