Grüne Insel, dunkler Humor: „The Banshees of Inisherin" mit Oscar-Kandidat Colin Farrell
Autorenfilmer Martin McDonagh erzählt in seiner in Venedig ausgezeichneten Tragikomödie „The Banshees of Inisherin“ von zwei Freunden, die keine mehr sind.
Innsbruck – Jeder Mensch ist eine Insel. Das muss auch Pádraic Súilleabháin auf dem fiktiven Eiland Inisherin vor der Küste Irlands erkennen. Denn sein langjähriger Freund und Saufkumpan Colm Doherty ignoriert ihn plötzlich. Ob sie denn gestritten haben, wollen der Wirt und die anderen Inselbewohner wissen. Doch als sich Pádraic für etwaige Beleidigungen entschuldigen will, die er seinem Freund im Rausch an den Kopf geworfen haben könnte, rückt der mit dem wahren Grund heraus.
Pádraic sei ihm einfach zu langweilig geworden, die täglichen Gespräche im Pub wurden zu banal. Colm möchte sich lieber auf seine Irish Folk Music und seine Geige konzentrieren und seine Lebenszeit in Ruhe verbringen.
Nun bleiben Pádraic nur noch sein Esel und seine Schwester Siobhán (Kerry Condon), mit der er in einer einfachen Hütte wohnt. Doch die abrupte Aufkündigung der Freundschaft lässt dem einfach gestrickten Pádraic keine Ruhe. Entgegen dem Rat seiner Schwester sucht er die Konfrontation mit Colm. Doch der droht todernst damit, sich jedes Mal einen Finger abzuschneiden, wenn ihn Pádraic anspricht.
„The Banshees of Inisherin“ feierte seine Premiere im vergangenen Herbst im Wettbewerb des Filmfestivals von Venedig, wo Colin Farrell den Schauspielpreis und Autor und Regisseur Martin McDonagh den Drehbuchpreis gewann. McDonagh – auch ein renommierter Londoner Theaterautor – versteht es, seine tragisch-komischen Dramen filmisch zu erzählen. Und so ist „The Banshees of Inisherin“ eben kein Corona-Projekt, das aus der Not heraus geboren wurde, möglichst wenige Figuren an einen isolierten Ort zu bringen.
🎬 Trailer | The Banshees of Inisherin:
Wie schon in seiner meisterlichen Reise in die amerikanische Provinz im Oscar-prämierten „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ (2017) mit Frances McDormand fängt er auch hier die soziale Enge und die Zwänge einer Dorfgemeinschaft ein.
Das Setting ist zutiefst irisch, angesiedelt in den 1920ern kurz nach der Unabhängigkeit und mit Dialogen im breitesten irisch-englischen Dialekt. Gedreht wurde an postkartentauglich-grünen Orten auf Inishmore und Achill Island. Doch der schwarze Humor, der zwischenmenschliche Pessimismus und die durchaus brutalen Elemente der Geschichte lassen jede Ahnung von Kitsch verfliegen: Auf Inisherin möchte man nicht bleiben – oder zumindest nur kurz als Besucher im gemütlichen JJ Devine’s Pub.
Zugleich ist „The Banshees of Inisherin“ auch ein Halbbruder von McDonaghs Spielfilmdebüt „In Bruges – Brügge sehen ... und sterben?“ von 2008, da erneut die beiden Charakterdarsteller Colin Farrell und Brendan Gleeson ihre ungleichen Figuren aufeinandertreffen lassen, wie in einer erwachsenen Variante von Dick und Doof. Gleeson ist dabei der feinfühlige Philosoph, während Farrell als harmloser Simpel das Mitleid auf seiner Seite hat – und wohl auch deshalb als heißer Kandidat für die großen US-Filmpreise gehandelt wird.
Unter der dünnen Oberfläche ihres Konflikts treten bald Freundschaft, Vergänglichkeit und Lebenssinn hervor. Pádraic und Colm haben unterschiedliche Vorstellungen, was ihnen ihre begrenzte Lebenszeit wert ist. Damit wird der Film zu einer dunklen Parabel, deren Moral offen bleibt. Das macht „The Banshees of Inisherin“ zu einem wunderbaren Start ins neue Jahr.
📺 The Banshees of Inisherin
- IRL/GB/USA 2022
- 114 min
- Ab 14 Jahren. Ab 5. Jänner in den Kinos.
- Regie: Martin McDonagh
- Mit: Colin Farrell, Brendan Gleeson, Kerry Condon, Barry Keoghan, Pat Shortt
15 Jahre nach "Brügge sehen... und sterben?" werden Colin Farrell und Brendan Gleeson wieder zum Dreamteam. Im neuen Film von Martin McDonagh, der bereits für Oscars gehandelt wird. Der Film spielt im Jahr 1923. Colm (Brendan Gleeson) und Padraic (Colin Farrell) sind eigentlich beste Freunde. Doch als Padraic Colm eines Tages zum rituellen Pub-Besuch abholen will, möchte Colm nicht. Er ignoriert Padraic einfach. Und erklärt ihm irgendwann, dass er nicht mehr befreundet sein will. "Ich finde dich einfach uninteressant", lautet seine Erklärung.
Padraic ist irritiert und traurig. Er versucht mit immer drastischeren Mitteln, die Freundschaft wiederzubeleben und akzeptiert kein Nein - bis die Situation eskaliert. Abgetrennte Körperteile inklusive. Ein so tragisch wie komischer Film mit intensiven Hauptdarstellern und schwarzem Humor