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Wahl im US-Kongress auf Freitag vertagt

Der Machtkampf um Vorsitz im US-Representantenhaus geht weiter
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Historisches Debakel für die Republikaner im US-Repräsentantenhaus: Erstmals seit mehr als 160 Jahren bekam am Donnerstag auch nach der neunten Wahl zum neuen Vorsitzenden kein Bewerber genügend Stimmen. Der republikanische Kandidat Kevin McCarthy konnte sich nicht durchsetzen, weil ultrarechte Hardliner aus den eigenen Reihen den dritten Tag in Folge gegen ihn votierten. Nach elf ergebnislosen Abstimmungen vertagten sich die Abgeordneten auf Freitagmittag (18.00 Uhr MEZ).

Bei der siebenten, achten, neunten, zehnten und elften Abstimmung am Donnerstag verweigerten wie schon zuvor rund 20 seiner 221 republikanischen Kollegen McCarthy die Zustimmung. Der 57-Jährige kann sich aber nur vier Abweichler in den eigenen Reihen leisten, um die nötige Mehrheit zu erlangen.

Schon vor den Niederlagen am Donnerstag hatte sich McCarthy sechsmal vergebens zur Abstimmung gestellt, wobei es aus den eigenen Reihen teils auch Gegenkandidaten gab, die freilich chancenlos waren. In chaotischen 48 Stunden verlor McCarthy in jeder Runde gegen den Kandidaten der Demokratischen Partei, Hakeem Jeffries, dessen Partei jedoch die Mehrheit im Repräsentantenhaus bei den Zwischenwahlen im November verloren hatte.

Jeffries sagte Reportern am Donnerstag vor der Abstimmung, es sei seine Hoffnung, dass die Republikaner "mit dem Gezänk und der Verleumdung aufhören, damit wir dem amerikanischen Volk helfen können".

McCarthy hatte seinen Widersachern in den Reihen der Republikaner in der Nacht auf Donnerstag weitreichende Zugeständnisse gemacht. An der Ablehnung seiner Kandidatur durch die Vertreter des ultrarechten Parteiflügels änderte dies aber nichts. Eine Reihe von stark rechtslastigen Republikanern hält McCarthy für zu moderat und zieht seine Loyalität zu Ex-Präsident Donald Trump in Zweifel.

Am Mittwoch hatte Trump alle Abgeordneten der Republikanischen Partei zur Unterstützung McCarthys aufgerufen. Am Donnerstag nun stand Trump in der elften Abstimmungsrunde selbst zur Wahl. Der Republikaner Matt Gaetz, ein glühender Anhänger des früheren US-Präsidenten, nominierte Trump und stimmte schließlich als einziger für ihn.

Der Wahlmarathon im Repräsentantenhaus ist eine Blamage historischen Ausmaßes für die oppositionellen Republikaner, die seit den Zwischenwahlen im November die Mehrheit in der Kongresskammer stellen. Die letzte Abstimmung zum sogenannten Speaker of the House, in der neun Wahlgänge vonnöten waren, fand im Jahr 1923 statt. Das letzte Mal, dass der Prozess noch länger dauerte, reicht in die Zeit vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg zurück. 1856 einigten sich die Abgeordneten erst nach zwei Monaten und 133 Abstimmungen.

Die Blockade der Wahl hat konkrete Folgen: Ohne Vorsitzenden können die Abgeordneten nicht vereidigt werden, Ausschüsse bilden und mit Gesetzesvorhaben beginnen. Die Wahl wird so lange wiederholt, bis ein Kandidat die einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus erreicht. Einzige Alternative wäre eine Regeländerung, auf die sich die Abgeordneten einigen müssten, die den Kandidaten mit den meisten Stimmen auch ohne Mehrheit zum Vorsitzenden machen würde.

Bei McCarthys republikanischen Unterstützern macht sich unterdessen Frustration breit. "Wir müssen dieses kaputte System reparieren", sagte etwa der Abgeordnete Matt Rosendale aus dem US-Bundesstaat Montana.

Das Amt des Speakers ist nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin das dritthöchste in der staatlichen Hierarchie der Vereinigten Staaten. McCarthy will auf dem Posten der Demokratin Nancy Pelosi nachfolgen.