Ergebnisse der Regierungsklausur

Regierung einigte sich auf UVP-Novelle und Erneuerbaren-Offensive

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) bei der Pressekonferenz nach der Regierungsklausur.
© APA/Schlager

Das am Mittwoch beschlossene Energie-Paket bringt unter anderem Maßnahmen für schnellere Umweltverfahren für Kraftwerke und eine Ausbau-Offensive für Photovoltaik-Anlagen.

Wien – Die türkis-grüne Koalition hat als Ergebnis ihrer Klausur in Mauerbach am Mittwoch wie erwartet ein Paket präsentiert, mit dem der Ausbau erneuerbarer Energien schneller gehen soll. Noch so gut wie nichts auf den Boden gebracht hat die Regierung gegen den Fachkräftemangel - hier wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Vereinbart wurde die schrittweise Abschaffung der geblockten Altersteilzeit. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach von einem guten Start ins Jahr.

Es habe sich um eine "intensive Klausur" gehandelt, versicherte Nehammer bei einer Pressekonferenz, man habe "bis in die Morgenstunden" verhandelt.

Man habe die Abhängigkeit von russischem Gas verringert und die Speicherstände seien so voll, "wie uns niemand zugetraut hat", verwies Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf die bisherige Arbeit der Koalition. Es gehe "massiv was weiter", man realisiere nun aber zusätzliche "Beschleunigungsprogramme" auf mehreren gesetzlichen Ebenen, um unabhängiger, sicherer und nachhaltiger zu werden. "Wir zünden im kommenden Jahr den Erneuerbaren-Turbo in Österreich", betonte auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne).

📽️ Video | Regierung einigte sich auf Erneuerbaren-Offensive

Im Rahmen der UVP-Novelle sollen künftig die Verfahren für große Energiewende-Projekte wie etwa Windparks noch schneller gehen. Unter anderem soll es künftig keine Doppelprüfungen in den Verfahren mehr geben. Wenn etwa bei der Ausweisung von Flächen das Landschaftsbild bereits geprüft wurde, dann sei im Genehmigungsverfahren keine erneute Prüfung notwendig.

In Bundesländern, wo es keine Energieraumplanung gibt, soll es künftig möglich sein, das UVP-Verfahren zu beginnen, ohne dass es eine Widmung der Gemeinde gibt. Das UVP-Verfahren prüft die Eignung des Standortes, im Rahmen dessen wird auch die Zustimmung der Gemeinde eingeholt.

Das Wichtigste zur UVP-Novelle:

  • Verfahren für große Energiewende-Projekte, wie Windparks, sollen schneller gehen. Auch soll es in den Verfahren keine Doppelprüfungen mehr geben.
  • In Bundesländern ohne Energieraumplanung sollen UVP-Verfahren ohne Widmung der Gemeinde begonnen werden können.
  • Beschwerden sollen bei Energiewende-Projekten aufgrund des öffentlichen Interesses keine automatisch aufschiebende Wirkung mehr haben.
  • Durch ein verpflichtendes Bodenkonzept soll Bodenversiegelung nicht weiter vorangetrieben werden.

Vorhaben für die Energiewende soll künftig ein hohes öffentliches Interesse zugesprochen werden. Damit sollen auch Beschwerden nicht mehr automatisch aufschiebende Wirkung mehr haben. Um die Bodenversiegelung nicht weiter voranzutreiben, muss zudem künftig für jedes Projekt ein Bodenkonzept vorgelegt werden. Mit den Neuerungen sollen unnötige Prüfungen verhindert und die Verfahren besser strukturiert werden. Insbesondere für die Wirtschaft soll die Verfahrensdauer deutlich verkürzt werden, um Infrastrukturprojekte, die zur Energiewende beitragen, schneller umzusetzen.

Im vergangenen Sommer hatte der Entwurf einiges an Kritik geerntet. Bemängelt wurden damals unter anderem vom Wirtschaftsministerium überschießende Genehmigungskriterien zu CO2-Emissionen und zum Bodenschutz und Ineffizienzen im Verfahren. Umweltorganisationen stießen sich dagegen an der damals angekündigten Möglichkeit der Ausgleichszahlungen für Projektwerber, aber auch an der Abschaffung der aufschiebenden Wirkung für Beschwerden. Zudem kam vielen Kritikern eine ausgewogene Abwägung zwischen Energiewende und Biodiversität zu kurz.

📽️ Video | Statement von Kanzler Nehammer (ÖVP)

Photovoltaik-Förderung wird stark ausgebaut

Neben der UVP-Novelle kündigte die Regierung die Aufstockung der Förderung für Photovoltaik-Anlagen an. 2023 würden 600 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Zudem soll die Förderung vereinfacht werden. Den Rahmen für den Ausbau bei PV-Anlagen soll das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) bilden. Ausgebaut werden soll auch die Produktion von Biogas in Österreich um die Abhängigkeit vom russischen Erdgas weiter zu reduzieren. Die Produktion soll bis 2030 auf 10,5 Terawattstunden pro Jahr erhöht werden, das entspricht laut Angaben der Regierung einer Verzehnfachung in den kommenden sieben Jahren.

Für Photovoltaikanlagen auf versiegelten Flächen braucht es überhaupt keine Genehmigungen mehr und nur aufgrund des Orts- und Landschaftsbilds können Anträge nicht mehr abgelehnt werden. Die Biogas-Produktion wiederum soll in den kommenden sieben Jahren mehr als verzehnfacht werden. 2030 sollen gesamt elf Prozent Grüngas beigemengt sein.

Lob und Kritik von Verbänden

Der Umweltdachverband begrüßte die Aufstockung der PV-Förderung und den geplanten Ausbau der Biogas-Produktion, kritisierte jedoch, dass das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz (EWG) und das Klimaschutzgesetz, welches den Ausstieg aus fossilen Energieträgen regeln soll, weiterhin ausständig sei. Auch der Umweltorganisation WWF fehlt noch der "Beschluss eines starken Klimaschutzgesetzes, eine Reform des geplanten Energieeffizienzgesetzes und den Abbau umweltschädlicher Subventionen in Milliardenhöhe". In dieselbe Kerbe schlägt auch der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). Von einem "Beschleunigungspaket" könne erst gesprochen werden, wenn neben der UVP-Novelle auch das EWG, das Klimaschutzgesetz und das Energieeffizienzgesetz umgesetzt werden und es einen offiziellen Entwurf für das Erneuerbares-Gas-Gesetz gebe.

Für die Industriellenvereinigung (IV) begrüßt die Einigung zur UVP-Novelle. "Besonders positiv ist die klare Strukturierung der Verfahren, um den Projektwerbern mehr Planungssicherheit zu geben. Denn wesentliche Investitionsentscheidungen brauchen klare Rahmenbedingungen", so IV-Präsident Georg Knill laut Aussendung. Auch die WKÖ zeigte sich erfreut über die Neuerungen bei UVP-Verfahren, beim Ausbau von Biogas hätte sich WKÖ-Generalsekretär Karlheiz Kopf jedoch "mehr und praxisnähere Maßnahmen" gewünscht. Höhere Kapazitäten in den kommenden Jahren seien jedoch ein "zentrales Ziel".

Arbeitsgruppe gegen Arbeitskräfte-Mangel

Was Maßnahmen gegen den Arbeitskräfte-Mangel angeht, wird eine Arbeitsgruppe mit Arbeits-, Sozial- und Finanzminister unter Einbindung der Parlamentsklubs gebildet. Die dort abzuhandelnden Themen sind u.a. eine Attraktivierung der Erwerbstätigkeit parallel zum Bezug einer Eigenpension ab dem Regelpensionsalter, eine Erhöhung der Anreize für einen Verbleib im Erwerbsleben über das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus, eine Erhöhung der Anzahl und des Freibetrags für die Steuerbefreiung von Überstundenzuschlägen sowie die Evaluierung weiterer bestehender Steuerbefreiungen von Lohn- und Gehaltszulagen.

Bei der Altersteilzeit wird die geblockte Variante abgeschafft, allerdings mit einem längeren Übergangszeitraum. Ab kommendem Jahr steigt die Möglichkeit zum Antritt der Variante pro Jahr um sechs Monate. Derzeit kann man die geblockte Variante, mit der man zunächst voll, dann gar nicht mehr arbeitet, ab 60 in Anspruch nehmen.

Details zum Anti-Korruptionsgesetz erst am Donnerstag

Details zum seit Monaten verhandelten neuen Anti-Korruptionsgesetz gab es am Mittwoch nicht. Laut Regierung hat man sich nun zwar geeinigt - präsentiert werden soll es aber erst am Donnerstag von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Kogler erinnerte daran, dass der Auslöser für den "Lückenschluss" im Korruptionsstrafrecht "blaue Skandale" gewesen seien, "so viel Parteipolitik muss sein dürfen". Nun sei es gelungen, alles zu Mandatskauf und Ausweitung des Amtsträgerbegriffs zu regeln, "es ist alles fix und fertig".

Kein Thema war das in der Warteschleife hängende Klimaschutzgesetzes. Dieses forderten lautstark Aktivisten von Greenpeace, die sich mit einer riesigen Sanduhr vor dem Veranstaltungsort postierten.

Mit Fragen der Stimmung und miserablen Umfragewerten will sich Nehammer nicht auseinandersetzen. Die Regierung arbeite - "trotz aller unterschiedlichen ideologischen Zugänge" - seit nunmehr 36 Monaten an Lösungen. Auch 2023 werde ein arbeitsreiches, intensives Jahr. "Einiges ist ja schon gelungen und noch viel mehr wird gelingen", pflichtete Kogler bei. (TT.com, APA)

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