Räumung in Lützerath vor dem Abschluss: Zwei Aktivisten in Tunnel
Die Polizei will die Räumung von Lützerath schnell abschließen. Ihr größtes Problem sind jetzt noch zwei Aktivisten in einem Tunnel. Für Samstag hat Greta Thunberg moralische Unterstützung für die Klimaschützer angekündigt.
Lützerath – Die Räumung des Dorfes Lützerath am Rande des rheinischen Braunkohletagebaus nähert sich dem Abschluss. Am Freitag begann die Polizei mit der Räumung des letzten Gebäudes. Danach müssten noch einige Aktivisten aus Baumhäusern geholt werden, sagte ein Polizeisprecher. Außerdem hielten sich noch zwei Personen in einem Tunnel auf. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach stieg am Freitag ein Stück weit in den Tunnelschacht hinein.
Die Bergung der beiden Personen müssten Spezialkräfte der Feuerwehr und des THW übernehmen, sagte er anschließend. „Ich finde es einfach schlimm, welche Gefahren diese Menschen auf sich nehmen, für sich." Die Konstruktion sei nicht sicher. Er gehe allerdings davon aus, dass derzeit keine akute Gefahr für die beiden Personen bestehe. Ob sie festgekettet seien, wisse er nicht. „Kontaktbeamte versuchen gerade, Kontakt aufzunehmen und mit den Betreffenden zu sprechen", sagte er. Deren Kommunikation mit Telefon funktioniere nicht mehr, man versuche es jetzt mit Funkgeräten.
Am Donnerstag hatte ein Video zweier vermummter Männer für Aufsehen gesorgt. „Pinky" und „Brain" geben darin an, sich in dem Tunnel unter Lützerath aufzuhalten. „Wir haben Hinweise, dass das Video authentisch ist", bestätigte die Polizei.
Die Nacht auf Freitag verlief nach Polizeiangaben ruhig. Freitagfrüh tauchten Aktivisten unter anderem der Gruppe Extinction Rebellion vor der RWE-Konzernzentrale in Essen auf. Sie forderten einen Stopp der Räumung Lützeraths. Drei von ihnen ketteten sich an ein Rolltor und blockierten dadurch die Einfahrt. Die Polizei rückte mit mehreren Streifenwagen an, nachdem der RWE-Sicherheitsdienst den Vorfall gemeldet hatte.
Habek zeigte wenig Verständnis
Der deutsche Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) zeigte wenig Verständnis für die Proteste gegen den Abriss von Lützerath. „Es gibt viele gute Anlässe, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, meinetwegen auch gegen die Grünen. Aber Lützerath ist schlicht das falsche Symbol", sagte Habeck dem Spiegel.
Das Dorf sei eben nicht das Symbol für ein Weiter-so beim Braunkohletagebau Garzweiler im Rheinland, sondern „es ist der Schlussstrich", sagte Habeck. Man ziehe den Kohleausstieg im dortigen Kohlerevier um acht Jahre auf 2030 vor, was immer auch Ziel der Klimabewegung gewesen sei. „Wir retten fünf Ortschaften und Höfe mit rund 450 Bewohnern. Der Hambacher Forst ist gesichert worden. Die genehmigte Abbaumenge für Kohle im Tagebau wurde durch die Vereinbarung halbiert."
Doch unterdessen rumort es an der Parteibasis der Grünen: Einen offenen Brief gegen die Räumung unterzeichneten bis Freitagvormittag mehr als 2000 Grünen-Mitglieder. Habeck und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur werden in dem Brief aufgefordert, die Aktion sofort zu stoppen. Der „ausgehandelte Deal mit dem Energiekonzern RWE droht mit den Grundsätzen unserer Partei zu brechen", heißt es. „Und nicht nur das, wir brechen damit auch mit dem Pariser Klimaabkommen, dem Ampel-Koalitionsvertrag und dem letzten Vertrauen der Klimagerechtigkeitsbewegung."
Der Co-Bundessprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, warnte vor einer Entfremdung der Grünen von der Klimabewegung. „Gerade jetzt bräuchten die Grünen die Unterstützung der Klimabewegung", sagte er dem Nachrichtenportal t-online. „Der RWE-Deal hilft da überhaupt nicht."
Thunberg bei großer Kundgebung
Für Samstag ist in Lützeraths Nachbarort Keyenberg eine große Kundgebung angekündigt. Die Polizei rechnet mit 6000 bis 7000 Teilnehmern. Zu der Veranstaltung will auch die bekannte Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden kommen. Sie wolle die Aktivisten dabei unterstützen, Lützerath zu verteidigen, hatte die 20-Jährige auf Twitter geschrieben. „Kommt ab 12.00 Uhr dazu, um mit uns Leben zu schützen und Menschen vor Profiten Vorrang zu geben", appellierte sie.
Landesinnenminister Herbert Reul sagte der Bild-Zeitung, in Nordrhein-Westfalen dürfe jeder demonstrieren, „auch die aus der Ferne anreisende Frau Thunberg. Ich hoffe, sie sorgt dafür, dass ihre Mitstreiter friedlich bleiben und sich an die Regeln halten."
Solidarität aus Österreich
Solidarität mit den Aktivisten in Lützerath kam auch aus Österreich: Mitglieder der „Letzten Generation" sprachen den Ausharrenden ihre Unterstützung aus. Außerdem setzten sich Vertreter der „Letzten Generation" nach dem Ende der Aktion am Freitag vor der Wiener Secession in den Zug, um gegen die Räumung Lützeraths an Ort und Stelle zu demonstrieren. (APA, dpa, TT.com)
Bagger fuhren auf
Räumung von Lützerath: Abrissbagger arbeiteten sich durch Barrikaden
Ort vor dem Abriss