Euphorie und Erschöpfung: Tiroler Symphonieorchester spielt Bruckner und Reger
Trauer nach Noten, Musik nach Bildern. Bruckner und Reger beim 3. Symphoniekonzert des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck.
Innsbruck – Oft fragt man sich als Konzertbesucher, wie wohl das Innenleben von BerufsmusikerInnen aussehen mag, wenn sich diese auf ein Opus magnum einlassen, ein richtig großes Werk. Was geht beim Musizieren durch Köpfe und Körper, wie ist die (An-)Spannung zu halten, die Konzentration, woher kommen Kraft und letzte Reserven?
Nach Anton Bruckners 7. Symphonie am Donnerstag in Innsbrucks Congress, klanggewaltig und imposant überbracht vom – dem Anlass entsprechend – groß besetzten Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (TSOI), bleiben die eingangs formulierten Fragen weiter unbeantwortet. Das Rauschhafte dieser endlos und unergründbar wirkenden Klangwelten erfasst jedoch Ausführende wie Sesselsitzer gleichermaßen. Es ist ein Abend zwischen Euphorie und Erschöpfung – auf der Bühne und im Saal.
Bruckners Siebte in E-Dur ist mit einer Spieldauer jenseits der 60-Minuten-Marke ein sinfonischer Koloss. Acht Kontrabässe erbauen ein unerschütterliches Grundgerüst. Wagnertuben, von Richard Wagner ersonnene Hornvarianten, sorgen, an der Seite einer sinfonischen Grundausstattung geblasenen Blechs, für gehörig dramatisches Aufsehen. Da wird es laut, da donnert es und grollt es, wie wenn am Dachstein, in Bruckners oberösterreichischer Heimat, ein Gewitter aufzieht.
Wagners Sound ist omnipräsent – und von Bruckner genau so gewünscht. Der lag seinem Bayreuther Vorbild quasi zu Füßen. Im 2. Satz seiner Siebten betrauert Bruckner die Nachricht vom Tod Wagners auf das Herzlichste, Verzweifeltste. Inniges Pathos in musikalischer Form. Das TSOI, mit dem umsichtigen, unablässigen Lukas Beikircher am Pult, erweist sich als herzergreifend berührende Nachruf-Kapelle. Bruckner hätte sich gefreut.
Im ersten Teil dieses 3. Symphonie-Konzerts der Saison, quasi zum Aufwärmen und Lockermachen für den folgenden tiefenschweren Bruckner, sind Max Regers „Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin“ angesetzt. Der Schweizer Maler Böcklin hat den Komponisten Reger inspiriert, vier seiner Gemälde nach Noten zu erfassen.
Da beginnen Meereswellen zu klingen, da wird ekstatisch gefeiert und gezecht, da wird dem Tod der nötige Respekt erwiesen. Die Reverenz erweist auch Reger dem Schaffen des Künstlerkollegen. Die Musik wirkt wie eine Verbeugung vor dem gemalten Vorbild, stets darauf bedacht, diesem nur ja nicht zu nahe oder gar daran anzukommen.
Das TSOI erfreut mit präzisem, gehaltvollen Spiel. Das Orchester wird den zwei anspruchsvollen Programmpunkten des Abends in jeder Hinsicht gerecht. Ein konzertantes Ereignis, das nachwirkt und beschäftigt.