Im Kunstpavillon und der Neuen Galerie

Mitgliederausstellung der Tiroler Künstlerschaft: Care-Arbeit der kunstvollen Art

Bereits 2004 hat Katharina Cibulka dieses Foto in Südamerika geschossen.
© Daniel Jarosch

„Ecologies of Care“ ist das höchst brisante Thema der von Sabine Gamper kuratierten Mitgliederausstellung der Tiroler Künstlerschaft im Kunstpavillon und in der Neuen Galerie.

Innsbruck – In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war die Mitgliedschaft bei der Tiroler Künstlerschaft praktisch überlebenswichtig. Berechtigte diese doch nicht nur zum Bezug von Lebensmittelkarten, sondern auch von Malmaterialien. So krass ist die Situation heute zwar nicht mehr, trotzdem ist es ein Faktum, dass rund ein Drittel aller österreichischen Kreativen unter der Armutsgrenze leben.

Dass die rund 350 Mitglieder zählende Tiroler Künstlerschaft trotz ihrer Heterogenität ganz im Hier und Jetzt verankert ist, führt die aktuelle, von der Südtiroler Kunsthistorikerin Sabine Gamper kuratierte Mitgliederausstellung vor. Anhand von 21 – mehrheitlich jüngeren – Positionen, die sich auf völlig unterschiedliche Art und Weise an dem vorgegebenen, in Zeiten von Pandemie, Klimakrise, Migration und Krieg höchst aktuellen Thema „Ecologies of Care“ abarbeiten.

In einer Schau, die so etwas wie die Zusammenkunft einer Familie mit ganz unterschiedlichen Charakteren ist. Sieben sind es in der Neuen Galerie, angefangen mit Charlotte Simon und ihren von zwittrigen Lebewesen bevölkerten Traumbildern über Richard Schwarz, der in seiner Installation die Frage stellt, was die digitale Kommunikation mit uns Menschen macht, bis zum skurrilen „Autopolyp“ von Maria Romay, der mit 85 Jahren ältesten der KünstlerInnen. Aus unterschiedlichsten Fragmenten hat Nora Schöpfer ein komplexes Bild collagiert, Stefan Klampfer zeigt seine „Wegbegleiter“, Robert Gfader ein Foto seines Berliner Ateliers, seine Situation als obdachlos gewordener Künstler symbolisierend. Fast sakral kommt dagegen der von Robert Freund bespielte Raum daher. Dominiert von einem rätselhaften Bild sowie gläsernen Vasen, in denen Gehirne schwimmen.

„Freya for future“ hat Ursula Beiler in rosa Leuchtschrift an die Fassade des Kunstpavillons geschrieben. Zum „Stop“ von Krieg, Rassismus, Sexismus und Terror ruft das Foto auf, das Katharina Cibulka bereits 2004 in Südamerika „geschossen“ hat. Eher tragikomisch sind die Videos von Carola Dertnig, in denen es um den Kampf junger Mütter mit Kinderwagen im Großstadtdschungel geht. In innere Welten taucht Elisabeth Daxer malend ab, um „Die Akzeptanz der Endlichkeit“ geht es in dem opulent als Wandteppich zelebrierten Tableau Maria Peters, um Ein- und Ausgrenzung in den Bildern von Wolfgang Wirth, wogegen Bernhard Hetzenauer eine ganz konkrete Fluchtgeschichte filmisch eindrucksvoll nacherzählt.

Die Fragilität menschlichen Lebens reduziert Margarethe Drexel zu kleinen Stickbildern, Ursula Groser die Problematik der weltweiten Verteilung von Grundnahrungsmitteln zum fragil gewobenen Netz. Die Rolle sozialer Hierarchien thematisiert Maria Walcher als Schuhputzerin, Sarah Decristoforo gelingt es, die BesucherInnen multimedial in ihrer Befindlichkeit zu erschüttern, wogegen das altmeisterlich gemalte Bild Gustavo Juárez’ tröstlich in die magische Welt seiner südamerikanischen Ahnen entführt. Ins Rotlichtmilieu taucht Wolfgang Tragseiler den Keller des Kunstpavillons, um sich dort zur Freude besonders der weiblichen Zuschauerschaft als nicht wirklich begabter Tabledancer redlich abzumühen.

Neue Galerie. Rennweg 1, Mi–Fr 12–17, Sa 11–15 Uhr; bis 15. April.

Kunstpavillon. Rennweg 8a, Mi–Fr 12–18, Sa 11–15 Uhr; bis 15. April. Heute 10 Uhr (Neue Galerie) Führung mit Sabine Gamper, 11.30 Uhr Performance von Miriam Tiefenbrunner im Kunstpavillon.

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