ÖVP sieht Ursachen woanders

„Schmerzlich“ für ÖVP, Jubel bei FPÖ: Die Reaktionen auf die Wahl in NÖ

ÖVP-Chefin Johanna Mikl-Leitner muss eine krachende Niederlage verdauen.
© APA/Schlager, APA/Fohringer

Landtagswahl in Niederösterreich: Debakel für die ÖVP, Verluste für die SPÖ und ein Sieg der FPÖ. Konsequenzen bleiben vorerst aus.

St. Pölten, Wien – Die ÖVP hatte sich offenbar rasch auf eine gemeinsame Sprachregelung geeinigt. „Schmerzlich“, aber „nicht unerwartet“: So lautete der Tenor der türkisen Wortmeldungen quer durch Österreich. Landeshauptfrau Mikl-Leitner verlor bei ihrem zweiten Antreten als Spitzenkandidatin rund zehn Prozentpunkte der Wählerstimmen sowie die absolute Mehrheit in Landtag und Landesregierung.

Mikl-Leitner und die ÖVP wollen die Verantwortung dafür aber nicht allein im Land sehen. Die Landeshauptfrau selbst sprach angesichts der Krisen der vergangenen Jahre von einer „Protestwelle, die durch das Land rollt“. Die FPÖ habe es geschafft, aus der Landtagswahl eine Bundeswahl zu machen.

Mikl-Leitner will aber weitermachen. Auch die türkise Bundespartei steht hinter ihr. Bundeskanzler Karl Nehammer – er ist Wiener, mit der blau-gelben Landespartei aber eng verbunden – ist am Wahlabend trotz der krachenden Niederlage in die Landeshauptstadt St. Pölten gekommen. Er machte ebenfalls die Krisen verantwortlich. Es seien „schlechte Zeiten für Regierende“.

Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle sieht für seine ÖVP jetzt über die niederösterreichischen Landesgrenzen hinaus den Auftrag, Vertrauen zurückzugewinnen.

📽️ Video | Landeshauptfrau Mikl-Leitner zu den ÖVP-Verlusten

Für die ÖVP ist es nach diesem Ergebnis nur ein geringer Trost, dass Mikl-Leitner in Niederösterreich nach wie vor die Spitzenkandidatin mit der größten Zugkraft ist. Der Wahlkampf war von Inhalten getrieben. 50 Prozent nannten das Thema „Inflation und steigende Preise“ als wichtig, erhob das Institut SORA, das die Hochrechnungen für den ORF erstellt. Mit 32 und 31 Prozent folgen Energieversorgung und Migration.

FPÖ-Bundesparteichef Herbert Kickl (l.) und Spitzenkandidat Udo Landbauer am Sonntag.
© APA/Fohringer

Der Meinungsforscher Peter Hajek – tätig für ATV und Puls24 – sprach auf Basis seiner Daten von einer „Denkzettelwahl“ und dem Einfluss der Bundespolitik. Unter Sebastian Kurz hätten auch die Landeshauptleute von der positiven Stimmung für die ÖVP profitiert. Jetzt sei es umgekehrt und die Niederlage nicht alleinige Schuld der Landeshauptfrau.

Sieger des Wahltages ist die FPÖ. Parteichef Herbert Kickl stellte sich als Gratulant bei Spitzenkandidat Udo Landbauer in St. Pölten ein. Ein „Tag der Freiheit“, jubelte Kickl. Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger hofft auf weitere Erfolge und sieht einen ersten Schritt zu einem Bundeskanzler Kickl.

📽️ Video | Reaktionen auf das Ergebnis der NÖ-Wahl

Der Frage nach persönlichen Konsequenzen musste sich auch SPÖ-Spitzenkandidat Franz Schnabl stellen. Die Sozialdemokraten wurden von der FPÖ überholt und liegen jetzt mit ihrem bisher schlechtesten Niederösterreich-Ergebnis auf Platz drei. Auch Schnabl will aber bleiben. „Warum soll Feuer auf dem Dach sein“, sagte er. Immerhin habe man das Ziel erreicht, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen.

Aber auch die Position der roten Bundeschefin Pamela Rendi-Wagner wird schwächer. „Es gibt nichts schönzureden“, räumte sie ein. Als besten Wahlhelfer für die FPÖ sieht sie aber die ÖVP, die stark auf das Asylthema gesetzt hat.

Grüne und NEOS waren mit ihren Zugewinnen zufrieden. Die Grünen mit der gebürtigen Tirolerin Helga Krismer an der Spitze haben künftig auch Klubstatus im Landtag. Das bringt ihnen mehr Rechte und mehr Geld für die politische Arbeit.

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Mikl-Leitner braucht SPÖ für ihre Zukunft

Die Absolute in der Landesregierung ist Geschichte. Erstmals seit 1945. Trotz Proporz muss sich die ÖVP auf eine tragfähige De-facto-Koalition einlassen. Es gibt zwei Optionen: entweder ein Bündnis mit dem freiheitlichen Wahlsieger oder mit der Wahlverliererin SPÖ. Die FPÖ unter Udo Landbauer hat sich bereits festgelegt. Sie werden Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nicht ins Amt wählen. Also gibt es ein ÖVP-FPÖ-Bündnis nur, wenn Mikl-Leitner abtritt und den Weg für einen schwarzen Nachfolger, eine schwarze Nachfolgerin freimacht. Aber Mikl-Leitner will Landeshauptfrau bleiben. So sagte sie es gestern. Also doch SPÖ?

Vieles deutete darauf hin. Mit Parteichef Franz Schnabl an der Spitze. So wie Mikl-Leitner will auch er trotz schmerzhafter Verluste nicht zurücktreten.

In beiden Parteien werden die nächsten Tage zeigen, ob auf der Personal­ebene die Verluste tatsächlich folgenlos bleiben.

In der SPÖ könnte es noch spannend werden, wenn klar wird, wie der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler mit seiner Vorzugsstimmen- Kampagne abschneidet. Er hat von Platz 35 auf der Landesliste der SPÖ seinen Wahlkampf gestartet. Der sozial engagierte Bürgermeister hat in seiner Gemeinde 3500 Vorzugsstimmen erhalten. Die Sozialdemokraten legten um 3,81 Prozentpunkte auf 46,63 Prozent zu, verglichen mit der Landtagswahl 2018. Das landesweite Vorzugsstimmenergebnis gibt es am Montag. Babler benötigt für den Einzug in den Landtag rund 40.000 Stimmen. Erreicht er sie, bekommt Schnabl ein Problem. Freuen konnten sich über Zugewinne auch die Grünen und die NEOS. Einen Regierungssitz haben beide klar verfehlt.

Kärnten und Salzburg wählen als Nächste

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Noch im Frühjahr stehen zwei weitere Landtagswahlen auf dem innenpolitischen Kalender. Bereits in eineinhalb Monaten – am 5. März – wählen die Kärntner. Am 23. April folgt Salzburg.

Die Ausgangslage ist unterschiedlich. In Kärnten verteidigt Landeshauptmann Peter Kaiser eine Mehrheit der SPÖ. Die absolute Mehrheit war sich 2018 aber nicht ausgegangen. Auf Platz zwei ist schon bisher die in Kärnten traditionell starke FPÖ.

Salzburg ist unter Landeshauptmann Wilfried Haslauer derzeit in der Hand der ÖVP. Haslauer regiert gemeinsam mit den Grünen und den NEOS. Die FPÖ war zuletzt nur knapp hinter der SPÖ.