Dreijähriger Bub soll in Skischule in Lech missbraucht worden sein
Nach der Rückkehr aus dem Urlaub berichtete das Kleinkind vom Übergriff. Die betroffene Familie kritisiert die Ermittlungen. Die Betreuungseinrichtung weist die Missbrauchsvorwürfe zurück.
Lech, Feldkirch, Wien – Schwere Vorwürfe erheben der Vater eines dreijährigen Buben und der Rechtsvertreter der Familie, der Wiener Rechtsanwalt Nikolaus Rast. Der Bub dürfte in der zweiten Jännerwoche während eines Skiurlaubs in Lech am Arlberg von einem Mitarbeiter einer Skischule schwer sexuell missbraucht worden sein. Nach der Rückkehr nach Wien – die Familie lebt in der Bundeshauptstadt – ging es dem Buben körperlich zusehends schlechter, am 16. Jänner berichtete er den Eltern vom Übergriff.
"Unmittelbar danach hat sich mein Sohn übergeben", schilderte der Vater am Freitagnachmittag. Grundsätzlich sei der Bub "ein sehr, sehr aktives und tapferes Kind". Jetzt könne er aber nicht mehr einschlafen, werde von Albträumen, Ängsten und Wutausbrüchen geplagt. Es sei offensichtlich, "dass weit mehr als ein unsittliches Berühren passiert ist". Auch im Kindergarten und im Schwimmunterricht hätte sich sein Verhalten infolge des Erlebten "massiv geändert", sagte der Vater.
Dieser hatte am 25. Jänner in Wien Anzeige erstattet, nachdem sein Sohn auf einem Foto einen Tatverdächtigen insoweit identifizieren konnte, als er diesen als "bösen Mann" bezeichnete. Den Schilderungen des Dreijährigen zufolge soll ihm der Kinder-Skilehrer auch den Mund zugehalten und ihn gewürgt und geschlagen haben. Für den Vater ist "klar ersichtlich, dass nur eine bestimmte Person in Frage kommen kann". Er habe eine anerkannte Psychologin beigezogen, die seinen Sohn untersucht und ein Gutachten erstellt hätte, "damit man ihm glaubt". Und er habe einen Detektiv in Lech Observationen durchführen "und Beweismaterial sammeln lassen. Erst dann habe ich Anzeige erstattet".
Einrichtung weist Vorwürfe zurück
Seitens der Betreuungseinrichtung in Lech wurden die Missbrauchsvorwürfe dezidiert zurückgewiesen. "Das stimmt nicht, das kann nicht sein", hieß es am Freitag gegenüber der APA. Die Betreuung der Kinder erfolge in einem Raum, nie werde ein Kind mit nur einer Person alleine gelassen - in der Regel sei man zu fünft. Man könne sich die Vorwürfe gegen den Skilehrer nicht erklären. Auf der Homepage der Einrichtung wird darauf verwiesen, die mehrsprachigen Betreuerinnen und Betreuer seien "ausgebildete und erfahrene KindergärtnerInnen, KinderskilehrerInnen und geschulte AnimateurInnen".
Diese Haltung irritiert den Vater des Buben: "Einfach zu sagen, hier ist nichts passiert, ist für mich unbegreiflich." Es sei "einfach unverständlich, warum man nicht sagen kann, es wird entsprechend untersucht". Er befürchtet, die auf Kinder spezialisierte Skischule wolle den Übergriff "vertuschen", wie er bereits in seiner Zeugeneinvernahme gegenüber Wiener Kriminalisten erklärt hatte, die der APA schriftlich vorliegt. Der tatverdächtige Skilehrer und eine weitere Mitarbeiterin, die den Missbrauch möglicherweise mitbekommen habe, würden nicht mehr in der Einrichtung arbeiten. "Ich habe den Verdacht, dass die Verantwortlichen darüber in Kenntnis sind, dass Kinder missbraucht worden sind und dass die beiden Verdächtigen aus diesem Grund nicht mehr dort anwesend sind", gab der Vater zu Protokoll.
Scharfe Kritik des Anwalts
"Die Ermittlungen sind als mehr als lasch zu bezeichnen", kritisierte indes Anwalt Nikolaus Rast am Freitag das Vorgehen der Vorarlberger Polizei. Diese sei zunächst an eine Mitarbeiterin der Skischule herangetreten, ohne den Verdächtigen mit der Anzeige zu konfrontieren. Dieser sei vorerst nicht vernommen worden. "Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass damit eine Mitarbeiterin Gelegenheit bekommt, den mutmaßlichen Täter zu warnen", sagte Rast. Damit bekomme "der dümmste Verbrecher der Welt Gelegenheit, allfällige Beweismittel zu vernichten".
Die Polizei bestätigte der APA die laufenden Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, wies aber die Vorwürfe in Richtung einer verzögerten Aufnahme der Erhebungen zurück. Die Anzeige sei zunächst in Wien erstattet worden. Dieser Umstand wurde auch von der Staatsanwaltschaft Feldkirch bestätigt. "Die Anzeige wurde am 25. Jänner in Wien eingebracht, die Ersterhebungen wurden in Wien gemacht", hieß es seitens der Behörde. Der Akt sei am Abend des 1. Februar in Feldkirch eingetroffen, seitdem werde "auf Hochtouren" ermittelt.
Stellungnahme der Vorarlberger Landespolizeidirektion
Zur Kritik seitens des Rechtsvertreters der Eltern des Dreijährigen nahm die Vorarlberger Landespolizeidirektion wie folgt Stellung: "In Abstimmung mit dem Landeskriminalamt Wien wurden von der Vorarlberger Polizei unverzüglich erste Erhebungen und Vernehmungen in Lech durchgeführt und ein Ermittlungsverfahren eröffnet, das derzeit bei der Staatsanwaltschaft in Feldkirch anhängig ist. Die vorhandenen Erkenntnisse zum mutmaßlichen Tathergang und einer potenziell tatverdächtigen Person werden derzeit gründlich geprüft." Die Ermittlungen und Spurenauswertungen seien "in vollem Gange". Nähere Auskünfte zum laufenden Ermittlungsverfahren und Details zum Sachverhalt würden derzeit nicht veröffentlicht.
Der Bub hatte schon im Skiurlaub über Bauchschmerzen geklagt und wollte plötzlich nicht mehr den Skikindergarten besuchen. Dafür duschte er sich auffallend lange. Als die Beschwerden des Kleinkinds nach dem Urlaub immer stärker wurden und sich auch das Verhalten des Buben auffallend veränderte - er schlief schlecht, weinte häufig, suchte ständig die Nähe des Vaters -, ging dieser mit ihm zum Arzt und in weiterer Folge zu einer Psychotherapeutin. Bei dieser ist der Bub seit 23. Jänner in Behandlung. Nach deren Dafürhalten ist aufgrund von "offenkundigen, drastischen Verhaltensänderungen" des Dreijährigen davon auszugehen, dass der Bub "im Rahmen seiner Betreuung in Lech einem ihn verstörenden und als Übergriff erlebten Erlebnis ausgesetzt gewesen ist", wie sie in einem schriftlichen Gutachten festhält, das der APA ebenfalls vorliegt.
Hoffen auf DNA-Analyse
Indes hat der Vater die Kleidung, die sein Sohn am Tag des vermuteten Übergriffs getragen hat, zur Auswertung allfälliger DNA-Spuren der Polizei übergeben. Die Familie erhofft sich von einer DNA-Analyse eine Antwort auf die Frage, ob sich darauf genetische Merkmale des Tatverdächtigen befinden. (APA)