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Schlaflos in Busan: Kino-Kritik zu „Die Frau im Nebel“

Kriminalpolizist Hae-Jun (Park Hae-il) beschattet die mysteriöse Witwe Seo-Rae (Tang Wei).
© FIlmladen

„Die Frau im Nebel“ von Park Chan-wook ist eine Mystery-Romanze auf den Spuren von Alfred Hitchcock.

Wien – Park Chan-wook ist einer der wenigen asiatischen Regisseure, dessen Name auch bei vielen Westlern bekannt ist. Ab der Jahrtausendwende war er eine der maßgeblichen Figuren der neuen südkoreanischen Filmwelle, die zuletzt in dem Best-Picture-Oscar für „The Parasite“ seines Kollegen Bong Joon-ho gipfelte.

Mit seinem in Cannes präsentierten „Die Frau im Nebel“ (im Original: „Decision to Leave) schlägt Park Chan-wook nun eine für ihn neue Richtung ein. Der deutsche Titel macht deutlich, wohin die Reise geht. In bester Film-noir-Manier, aber ohne den typisch düsteren visuellen Stil, dreht sich die Geschichte um einen Kommissar und eine Femme fatale.

🍿  Kino-Tipp

Die Frau im Nebel (Decision to Leave). Ab 16, läuft derzeit in den heimischen Kinos.

Der scharfsinnige und in einer mehr oder weniger glücklichen Fernbeziehung lebende Kriminalpolizist Hae-Jun (Park Hae-il) aus Busan leidet – auch das ist genretypisch – an Schlaflosigkeit. In seinen wachen Nächten beschattet er am liebsten Verdächtige. Etwa die junge chinesische Witwe eines scheinbar verunglückten Kletterers, bei dem Hae-Juns Mordinstinkt anschlägt. Sie ist die mysteriöse Frau im Nebel namens Seo-Rae (Tang Wei), die ihrerseits den feschen Kommissar in ihren Bann zieht. Das verführerische Katz-und-Maus-Spiel findet ungefähr zur Hälfte des Films bereits seinen ersten Höhepunkt. Damit aber nicht genug. Ein unerwartet spannender zweiter Akt folgt.

„Die Frau im Nebel“ ist zwar kein gefährlich-spannender Hitchcock-Thriller (à la „North By Northwest“), versetzt uns aber dennoch in einen Schwindel, der ebenso emotional wie mörderisch ist.

Damit lässt Park Chan-wook auch die brutale Gewalt hinter sich, für die er seit „Oldboy“ bekannt ist. Auch die explizite Sexualität seines vorangegangenen Films, der brillante Dreiecks-Erotik-Thriller „Die Taschendiebin“, fehlt im neuen Verführungs-Doppel – wider Erwarten.

Fix ist: „Die Frau im Nebel“ ist kein Film, der es einem leicht macht. Abgesehen von den Untertiteln zur Originalfassung und einigen kulturellen Feinheiten erfordert es auch einiges an Aufmerksamkeit, um den raffinierten Kurven der Geschichte über 139 Filmminuten auch zu folgen. Doch sind es nicht nur die großartigen Wendungen und das arge Finale, mit dem Park Chan-wook sein Publikum belohnt, auch der sanfte Humor und die interessanten Figuren machen neugierig. Stilistisch überzeugt der Streifen durch gewohnt großartige Kamera- und Schnitt-Einfälle und eine äußerst präzise Regie. Kleiner Kritikpunkt: Das Drehbuch könnte kompakter sein. Diebischen Spaß macht Park Chan-wooks rätselhaft-romantische Begegnung mit dem Tod aber auf alle Fälle.