Aufruf zum Verzicht

Tiroler Lawinenexperten appellieren erneut: „Warnungen ernst nehmen“

Patrick Nairz vom Lawinenwarndienst.
© Rita Falk

In den kommenden Tagen warten viele Sonnenstunden auf WintersportlerInnen – dementsprechend wird es viele von ihnen ins Freie locken. Gleichzeitig bleibt jedoch die Lawinensituation weiterhin angespannt. Die Experten appellieren, die Warnungen ernst zu nehmen.

Innsbruck – Allen Warnungen zum Trotz sind am Wochenende die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden: Neuschnee und starker Wind haben die Lawinengefahr besonders oberhalb von 1600 Metern massiv ansteigen lassen. Und so stand Tirol seit Freitag ganz im Zeichen zahlreicher Lawinenabgänge ‒ mit insgesamt sieben Toten in Tirol seit Freitag.

Alleine am Sonntag zogen die Einsatzkräfte fünf Verschüttete aus den Schneemassen - zwei Tourengeher in St. Anton am Arlberg, einen in Kaunerberg, einen in Längenfeld sowie einen Schneepflugfahrer in Nußdorf-Debant. Für sie alle kam jede Hilfe zu spät. Am Freitag war in Obergurgl ein 32-jähriger Wintersportler aus China in einer Lawine gestorben, am Samstag ein 17-jähriger Neuseeländer im freien Skiraum im Skigebiet Hochzillertal.

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Nun stehen diese Woche sonnige Wintertage an. Gleichzeitig bleibt jedoch die Lawinensituation weiterhin angespannt. Der Lawinenwarndienst des Landes Tirol gibt daher auch für die kommenden Tage die Lawinengefahrenstufe 3, „erheblich“, aus.

Und Lawinenexperte Patrick Nairz warnt einmal mehr, dass man bei Fahrten im freien Gelände bei einer „Stufe 3“ unbedingt entsprechendes Fachwissen und angepasstes Verhalten walten lassen muss.

📽️ Video | Nairz zur aktuellen Lawinensituation

Die Lawinengefahr liege im oberen Bereich der Gefahrenstufe, betonte der Experte. Die Gefahrenstellen mit zunehmend schönem Wetter liegen im Bereich der Waldgrenze um rund 1800 Meter sowie oberhalb dieser Grenze. Besonders gefährlich seien vor allem noch nicht befahrene, steile Schatten- sowie Sonnenhänge im freien Skiraum. Im Pistennahbereich gebe es hingegen auch Gelände und Schneehänge, die bereits "vollständig niedergefahren" seien und die Gefahr dort deshalb etwas geringer ausfalle.

An Übergängen von wenig zu viel Schnee wie zum Beispiel bei der Einfahrt in Rinnen und Mulden ist laut Nairz die Wahrscheinlichkeit, dass Schneebretter ausgelöst werden, höher. Fernauslösungen seien möglich.

Erneut Appell zum Verzicht

Der Experte appellierte wie schon am Sonntag einmal mehr an die Wintersportler, sich kurzfristig einfach in "Verzicht zu üben" und von Skitouren und Abfahrten vor allem im steilen Gelände abzusehen. "Wir können die kurzfristigen, besonders gefährlichen Phasen sehr gut einschätzen und vorhersagen. Dann sollte man einfach mal eine Woche lang verzichten können", unterstrich Nairz.

Man sollte ganz einfach mal Verzicht üben und davon absehen, sich in den freien Skiraum zu begeben.
Patrick Nairz, Lawinenwarndienst

"Eine erhöhte Bereitschaft zum Verzicht würde mangelndes Wissen kompensieren", adressierte er so manchen Wintersportler. Es handle sich im übrigen Großteils um ein "männliches Phänomen", warf Nairz einen weiteren Aspekt auf. Frauen würden offenbar mehr "auf ihr Gefühl hören" und verzichten können.

Service

Die aktuelle Lawinensituation gibt es hier.

Am vergangenen Wochenende habe man es mit einem "klassischen Muster" mit mehreren zusammenspielenden Faktoren zu tun gehabt, spielte Nairz auf das von ihm bereits erwähnte "Klumpenrisiko" an, das da lautete: Zuvor starke Schneefälle samt Wind, daraufhin Sonnenschein sowie viele Leute im freien Gelände. Man habe vor dem Wochenende schon "Bauchweh" gehabt ob der "einfachen Wahrscheinlichkeitsrechnung": Gefährliche Verhältnisse und gleichzeitig - nicht zuletzt wegen Ferienbeginn im Osten - viele Menschen, die trotzdem nicht auf Skifahren im freien Skiraum verzichten wollen.

Auch wenn das schöne Wetter zum Sport in den Bergen und abseits der Pisten lockt, sollten Wintersportlerinnen und -sportler große Vorsicht und Zurückhaltung walten lassen.
Patrick Nairz, Lawinenwarndienst

Es sei ganz einfach eine Tatsache, dass man trotz wiederholter und ständiger Warnungen, "nicht alle erreichen kann", zeigte sich der Experte illusionslos über Leichtsinn und Selbstüberschätzung nicht weniger. Obwohl man "nicht alle in einen Topf werfen" könne.

Auch Sicherheitslandesrätin Astrid Mair betont: „Viele unterschätzen die ‚Stufe 3‘, da sie sich im Mittelbereich der fünfteiligen Skala befindet. Die Realität ist aber, dass bei ‚Stufe 3‘ die meisten – nämlich etwas über die Hälfte – Lawinenunfälle passieren und viele ihr eigenes Können und Wissen überschätzen." (TT.com)

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