Russland meldet Erfolge in Ostukraine, Kiew dementiert Verschiebung der Frontlinie
Russland will in seinem Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine ein Stück vorangekommen sein. Kiew dementiert große russische Gewinne, drängt jedoch zu rascheren Hilfslieferungen mit Waffen.
Kiew, Moskau – Russland meldet einen Durchbruch durch die ukrainischen Verteidigungslinien in einem Teil der Region Luhansk. Während der russischen Offensive hätten sich die ukrainischen Truppen bis zu drei Kilometer zurückgezogen, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau auf Telegram mit. Auch die stärker befestigte zweite Verteidigungslinie sei durchbrochen worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte die Verbündeten auf, die Militärhilfe zu beschleunigen.
In welchem Teil der ostukrainischen Region Luhansk die Offensive stattgefunden haben soll, teilte das russische Verteidigungsministerium nicht mit. Die Ukraine meldete zuletzt zunehmend schweren russischen Beschuss entlang der Frontlinie im Osten des Landes und bezeichnet die Lage als schwierig, auch wenn viele russische Angriffe hätten abgewehrt werden können.
Russische Streitkräfte hätten mehr als 20 Städte und Dörfer in der Region und auch die Stadt Bachmut selbst mit Mörsern und Artillerie beschossen, erklärt der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte. Außerdem habe Russland Raketenangriffe auf die Industriestädte Konstantinowka und Kramatorsk in Donezk geflogen. "Es wird um jedes einzelne Haus (in Bachmut) gekämpft, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Die Situation bleibt extrem schwierig, aber unter Kontrolle unserer Truppen und die Frontlinie hat sich nicht bewegt", sagt der ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow in einem YouTube-Video.
Briten: Russen sind sich militärischer Schwäche bewusst
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste ist sich die russische Führung mutmaßlich der zunehmenden Rüstungsprobleme bewusst. Diese sei sich wohl darüber im Klaren, dass die Produktion der russischen Rüstungsindustrie sich zu einer entscheidenden Schwäche entwickle, hieß es am Mittwoch im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Zusätzlich belastet werde diese Achillesferse durch strategische Fehleinschätzungen beim Einmarsch in die Ukraine.
Der russische Präsident Wladimir Putin habe die Rüstungsindustrie mehrfach aufgerufen, die "militärische Spezialoperation", unter der die Invasion in Russland bekannt ist, besser zu unterstützen, betonen die Briten. Zuletzt habe er in einem im Fernsehen übertragenen Treffen Vizeregierungschef Denis Manturow, der für die Waffenindustrie zuständig ist, scharf kritisiert. Außerdem habe der Vize-Chef des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, zur verstärkten Produktion von Panzern aufgerufen. Doch die russische Produktion bleibe höchstwahrscheinlich hinter den Erwartungen der Führung mit Blick auf den benötigten Nachschub für den Ukraine-Krieg und langfristige Ziele zurück, meint man in London.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor. (APA, Reuters)