Akute Klimakrise im musealen Herzstück: Elf Bewerber:innen für Chefposten
Fünf Frauen und sechs Männer trauen es sich zu, die Tiroler Landesmuseen in die Zukunft zu führen. Trotz der vielen Baustellen.
Innsbruck – Ganz so „long“, wie sich Museumsvereinobmann Franz Pegger die „Long- list“ der BewerberInnen für den Job als LeiterIn der Tiroler Landesmuseen (TLM) noch bei der Jahrespressekonferenz gewünscht hat, ist diese nun nicht ausgefallen. Elf BewerberInnen wollen die Nachfolge des im Herbst 2022 überraschend abgetretenen Peter Assmann antreten, gab das Land Tirol gestern bekannt. Bei Assmanns Besetzung 2018 waren es noch 19 gewesen. Jetzt sind es fünf Frauen und sechs Männer, darunter acht aus Österreich, zwei aus Deutschland und eine/r aus Italien, die sich der Mammutaufgabe stellen wollen. Denn mit Ferdinandeum, Volkskunstmuseum, Hofkirche, Zeughaus und Tirol Panorama samt Kaiserjäger-Museum sind nicht nur fünf Häuser unter einen Hut zu kriegen, sondern ebenso viele Baustellen offen.
Größtes Sorgenkind ist der dringend notwendige Umbau des Ferdinandeums, der vor allem wegen der explodierenden Kosten Kopfzerbrechen bereitet. Entgegen der ursprünglich veranschlagten 36 bzw. 38 Mio. Euro rechnet LH Anton Mattle inzwischen mit 48,9 Mio.
Wie unumgänglich ein Umbau bzw. eine Sanierung des musealen Herzstücks ist, wurde in den vergangenen Tagen offensichtlich. Wo die hauseigenen RestauratorInnen wegen akuter und nicht in den Griff zu bekommender Schwankungen von Temperatur bzw. Luftfeuchtigkeit vorsorglich die Reißleine ziehen mussten. Indem sie zwei Räume der Dauerausstellung leer räumten und die Kunstwerke vorsorglich in das museale Depot in Hall evakuierten. Darunter Meisterwerke der Moderne etwa von Gustav Klimt genauso wie kostbare alte Musikinstrumente.
Dass sich hausintern eine Klima(-anlagen-)krise anbahnt, ist allerdings keine Überraschung. In den letzten beiden Jahren habe man die Anlage immer wieder repariert und damit „in Stand gehalten“, heißt es in einem Schreiben des Ferdinandeums. Auf Probleme des Hauses dieser Art machte allerdings schon im Sommer 2022 Lukas Madersbacher, Mitglied im Vorstand des Museumsvereins, in einem TT-Interview aufmerksam. Um davor zu warnen, dass das Ferdinandeum, wenn das Land die Mittel für den Umbau und somit auch dessen klimatechnische Sanierung nicht freigibt, „wohl in naher Zukunft zusperren“ müsse.
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Chefposten der Tiroler Landesmuseen: Fünf Häuser, fünf Baustellen
Ein Finanzierungsbeschluss zum Museumsumbau lässt aber weiter auf sich warten. Land Tirol und Museumsverein – der als Eigentümer von Sammlung und Haus hier ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat – wiederholen seit Monaten gebetsmühlenartig, dass man bei den Verträgen „auf der Zielgeraden“ sei. Wobei für deren Abschluss der unerwartete Abgang Peter Assmanns wohl ebenso wenig förderlich sein dürfte wie die Kostenexplosion. Nicht zuletzt deswegen hatten sich Land und Museumsverein auf eine Überschreibung des Baurechts für 90 Jahre an die Landesmuseen-GmbH – in ihr hält das Land die Mehrheit der Anteile – geeinigt.
Eine der Konsequenzen daraus ist, dass auch die noch mit dem Verein geschlossenen Verträge mit dem Generalplaner Marte.Marte Architekten, die 2021 den offenen Wettbewerb zum Umbau des Hauses gewonnen haben, überschrieben werden müssen. „Wir harren der Dinge, bis es weitergeht“, sagt Bernhard Marte. Bereits vor einem Jahr hätten sie ihren nach den Wünschen der Auftraggeber modifizierten Siegerentwurf inklusive einer detaillierten Kostenrechnung abgeliefert. Wie diese ausschaut, will das international renommierte Architektenduo mit Büro in Feldkirch allerdings nicht verraten. Da müsse man schon bei den Auftraggebern nachfragen.