📺 Ehemalige Finalistin „geschockt“

Nach Shitstorms und Kritik von Ex-Kandidatinnen: Klum hält bei „GNTM"-Start Verteidigungsrede

Mehr als zehn Minuten dauerte Klums Statement. Sie befand: „Die Kritik ist nicht angebracht.“
© Screenshot

Der Druck auf Germany's Next Topmodel wurde zu groß: Nach den Enthüllungen einiger ehemaliger Kandidatinnen bezog Heidi Klum Stellung – einmalig, denn wer sich die Verteidigungsrede nochmal anschauen will, schaut in die Röhre. Eine Ex-Finalistin will das nicht so stehen lassen und kündigt ein Reaktion auf YouTube an.

Köln – Im Verlauf der letzten Monate häufte sich die Kritik gegen Heidi Klum und Germany's Next Topmodel (GNTM). Ex-Kandidatinnen wandten sich mit heftigen Vorwürfen an die Öffentlichkeit. Der Druck auf die Casting-Show von ProSieben wurde nun offenbar zu groß und so begann die erste Folge der neuen GNTM-Staffel mit ungewohnt ernsten Tönen: Heidi Klum bezog mit einem langen Statement Stellung.

Ehemalige Teilnehmerinnen wie Lijana Kaggwa berichteten von Manipulationen am Set. So seien etwa die Füße einiger Models von Stylisten eingecremt worden, damit sie auf dem Laufsteg in High Heels rutschten. Zudem hätte die Produktionsfirma sie damals bewusst in ein falsches Licht gerückt und sie zur Quotenzicke gemacht. „Ich werde nicht mehr das Futter sein für mehr Hass" sagte sie damals, als sie 2020 im Live-Finale ihren Ausstieg verkündete. Kaggwa war während der Ausstrahlung damals Cybermobbing und Morddrohungen ausgesetzt, sie hatte Suizidgedanken und war auf psychologische Hilfe und Polizeischutz angewiesen.

📽️ Video | Ex-Kandidatin Lijana Kaggwa: Was passiert wirklich hinter den Kulissen?

Ex-Kandidatin Kera Rachel Cook sagte zuletzt in einem Spiegel-Bericht: „In der Show sucht man ständig nach Möglichkeiten, um das Stresslevel der Teilnehmerinnen zu erhöhen und sie vor dem Fernsehpublikum bloßzustellen."

Ein Einblick in die Verträge durch den Spiegel ergab Passagen, in denen die Teilnehmerinnen Aufnahmen zustimmen müssten, die sie „in einer ihr selbst nicht gefallenden Art und Weise präsentieren". Es heißt laut Spiegel in den Verträgen: „Über sich hieraus eventuell für sie ergebende Belastungen ist sich die Mitwirkende bewusst".

Die Ex-Teilnehmerin Tessa Bergmeier kritisierte kürzlich im RTL-Dschungelcamp ihre Darstellung in der Show: „Die haben mich verarscht! Ich fand das ungerecht. Ich wusste gar nicht, in was für ein Licht die mich da rücken wollen. Sie haben mich als Bitch dargestellt. [...] Sie haben mich zu einem Monster gemacht, das war ich nicht."

Auch Nathalie Volk, Halbfinalistin pflichtete dem bei: „Heidi ist ein sehr falscher Mensch. Diese Show ist Körperverletzung und Mobbing an jungen Frauen und dafür wollen diese Unmenschen noch eine NDA (Anm.d.Red.: Geheimhaltungsvertrag)." Und weiter: „Diese Sendung ist genauso falsch wie die angebliche Model-Mama und sollte schon lange abgesetzt werden. Ich habe Narben am Körper wegen Heidi."

Klum kontert Kritik: „Keine Storyline"

„Nachdem ich mir so viele Sachen anhören musste", begann Klum ihre Ausführungen, in denen sie nicht auf alle Kritikpunkte einging. Zur Vertragssituation der Models und dem Vorwurf, dass die Kandidatinnen kein Geld für ihre Teilnahme erhalten würden, schweigt sie etwa.

📽️ Video | GNTM Exposed: Missbrauch, Lügen und Minderjährige

In einem 30-minütigen Video rechnete auch der bekannte deutsche YouTuber Rezo mit der Model-Castingshow ab.

Außerdem wurden Schlagzeilen von kritischen Medienberichten eingeblendet. Den größten Raum gewährt Klum den Fake-Vorwürfen. Bei GNTM sei „alles echt", sagt sie. Es gebe keinen Text und keine Storyline für die Models. „Aber wir sind nun mal eine Reality-Sendung und wir zeigen genau das, was passiert." Es würden mithilfe des Schnitts auch „keine anderen Menschen" aus den Models gemacht – dieser Punkt bezieht sich vor allem auf die Ex-Teilnehmerinnen Tessa Bergmeier und Lijana Kaggwa, die sich über ihre Inszenierung als „Zicken" beschwerten.

Auch zu der wohl heftigsten Enthüllung der letzten Monate äußert Klum sich: Die eingecremten Füße. Sicherheit habe für sie höchste Priorität. Den Models würden vor einem Laufsteg-Auftritt die Beine eingecremt, um sie besser zur Geltung zu bringen. In Ausnahmefällen seien davon auch die Füße betroffen. Es könne zudem passieren, dass Models zu kleine oder zu große Schuhe erhalten. Derlei komme auch in der realen Model-Welt vor.

Es ist selbstverständlich nicht in meinem Interesse, dass sich ein Model in meiner Show verletzt.
Heidi Klum

Immer wieder wird GNTM überdies vorgeworfen, einen künstlichen Lagerkoller in den Unterkünften der Models herzustellen, um Streitsituationen unter den Models zu befeuern. Das bestreitet Klum nicht direkt. Die Handys jedoch würden den Frauen abgenommen, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren können. Die Villa verlassen dürfen die Teilnehmerinnen nur unter Aufsicht. Der Grund dafür, laut Klum: Die Fürsorgepflicht. Und zur immer wieder kritisierten Ernährungssituation in den Unterkünften heißt es: Die Models kriegen alles, was sie wollen. Nur keinen Alkohol und keine Zigaretten, worüber sich allerdings auch niemand beschwert hatte.

Dass die Teilnehmerinnen ihrer Show nur wenig essen dürften, sei ebenso Quatsch. „Am Set gibt es Catering und der Kühlschrank ist stets gefüllt", sagt sie. "Meine Models müssen nicht hungern."

Dogmatisches Schönheitsideal

Die Show steht seit Jahren immer wieder in der Kritik – beispielsweise wegen der Schönheitsideale, die dort vertreten wurden. Seit einigen Jahren hat sich die Sendung, die jetzt in die 18. Staffel geht, „Diversity“ auf die Fahnen geschrieben – Vielfalt.

Ich komme aus einer Zeit, in der die Branche noch ganz anders funktioniert hat.
Heidi Klum

„Ich komme aus einer Zeit, in der die Branche noch ganz anders funktioniert hat“, sagte Klum. Wer nicht in eine Größe 34 gepasst habe, habe nach Hause gehen können – das habe auch sie selbst oft getroffen. Dazu waren Interview-Ausschnitte aus ihrer Anfangszeit als Model zu sehen, in denen sie darüber spricht, für viele Jobs einfach zu kurvig zu sein. „Das war meine Schule", sagt sie. „Heute herrschen zum Glück andere Zeiten."

Der Elternratgeber „Flimmo" zeigte sich auch vor der aktuellen Staffel sehr kritisch, was die Show angeht: „Vor allem Äußerlichkeiten und Selbstdarstellung, Konkurrenzkampf und Anpassung zählen", so das Urteil. „Und auch wenn mittlerweile unterschiedliche Körperformen gezeigt werden, wird insgesamt ein sehr einseitiges Schönheitsideal propagiert."

Letztes Wort noch nicht gesprochen

Pikantes Detail: Klums zehnminütige Verteidigungsrede war nur bei der ersten TV-Ausstrahlung um 20.15 Uhr zu sehen – nicht im Stream und nicht bei der Wiederholung der Sendung in der Nacht. „Manche Dinge wiederholen sich nicht im Leben. Und für andere ist 20.15 Uhr auf ProSieben die beste Zeit“, sagte Sender-Sprecher Christoph Körfer. Aber ob der Redebedarf gestillt und die kritischen Stimmen durch die Reaktion von Heidi Klum verstummt wurden, ist allerdings eine ganz andere Frage.

Denn geht es nach der ehemaligen GNTM-Finalistin Lijana Kaggwa, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Ich bin geschockt, dass sie auf jeden Punkt aus meinem Video geantwortet hat", sagte sie auf Instagram – und kündigte ein weiteres Video an: „Keine Angst, die Antwort wird nicht lange auf sich warten lassen!" Durch Heidis Aussagen hätten ihre Enthüllungen nun „eine ganz neue Wendung" bekommen.

Verwandte Themen