Verwaltungsgericht ist laut Rechnungshof zu oft säumig
Der Rechnungshof kritisiert die überlange Verfahrensdauer und Mängel bei der Ausbildung der Richter.
Wien – Sechs Monate beträgt die gesetzliche Frist für die Erledigung von Verfahren am Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Tatsächlich dauert es oft viel länger, kritisiert der Rechnungshof in einem aktuellen Bericht: In 63 Prozent der Fälle werde das halbe Jahr überschritten. In 37 Prozent vergehen sogar mehr als zwei Jahre bis zu einer Entscheidung. Vor allem Asylverfahren bereiten offenbar Probleme und dauern durchschnittlich fast neun Monate.
Das BVwG wurde 2014 eingerichtet – in Wien, mit Außenstellen in Innsbruck, Linz und Graz. Gemeinsam mit den Landesverwaltungsgerichten sollte die Reform den Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger in Verwaltungsverfahren verbessern.
Neun Jahre später schaut die Bilanz schlecht aus. Zwar wird der Rückstand an Verfahren sukzessive geringer. Ende 2021 – am Ende des Prüfzeitraums des Rechnungshofs – waren aber noch immer 15.000 Verfahren unerledigt. Das sind so viele, wie in den Jahren 2020 und 2021 jeweils neu eingelangt waren.
Die meisten Fälle kommen aus dem Asylbereich. 2021 etwa wurden 23.500 Verfahren abgeschlossen – mehr als ein Drittel davon betraf das Asyl- und Fremdenrecht. Und die Prüfer des Rechnungshofs warnen nach dem starken Zuwachs bei den Asylanträgen im Vorjahr vor einem Anstieg. Beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – dort werden die Entscheidungen in erster Instanz getroffen – sei dieser Anstieg schon bemerkbar.
Der Rückstau bei den Entscheidungen entstand, obwohl das BVwG schon um 40 Prozent mehr Richterinnen und Richter hat als bei der Gründung 2014.
Der Rechnungshof äußert allerdings Zweifel am Personal. Es sei „nicht objektiv und zuverlässig feststellbar, ob tatsächlich eine effiziente und effektive Aufgabenwahrnehmung im richterlichen Bereich sichergestellt war“, heißt es in dem Bericht. Probleme sehen die Prüfer bei aus ihrer Sicht mangelnden Erfordernissen betreffend die Qualifikation neuer Richter sowie fehlender Verpflichtung für die Weiterbildung.
Ein weiteres Problem gibt es aktuell an der Spitze des BVwG. Präsident Harald Perl ist im Spätherbst in Pension gegangen. Derzeit führt Vizepräsident Michael Sachs das Gericht. Er will allerdings den Job wechseln und hat sich für die ebenfalls unbesetzte Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde beworben. (sabl, APA)