Podiumsdiskussion in Osttirol: Heimat, und was sie uns bedeutet
Vier Frauen, die in Osttirol leben und arbeiten, erforschen in einer Podiumsdiskussion ihren Zugang zum Heimatbegriff. Anlass ist der Weltfrauentag.
Lienz – Heimat ist – ja wo und was ist eigentlich Heimat für jeden von uns? Morgen feiern Millionen Menschen an den unterschiedlichsten Orten der Erde, die ihnen jeweils Heimat sind, den Weltfrauentag. Aus diesem Anlass laden bereits heute Abend ab 19 Uhr das Kulturnetzwerk Osttiroler Kulturspur, das Bildungshaus Osttirol sowie das Frauenzentrum Osttirol zu einer Podiumsdiskussion in den Saal der Wirtschaftskammer in Lienz. Suzanne Senfter, eine in Leisach lebende gebürtige Französin, die Theologin, Lienzer Krankenhausseelsorgerin und Bergbäuerin Maria Radziwon, die Villgrater-Natur-Unternehmerin Rebecca Schett und die Kartitscher Heimatdichterin Hilda Außerlechner tauschen sich zu ihren Heimatbegriffen aus. „Wir überprüfen die weibliche Perspektive auf dieses Wort, das es nur im Deutschen gibt und das sich nicht eins zu eins in andere Sprachen übersetzen lässt“, heißt es in der Einladung. Zwei der Podiumsgäste gewähren hier einen ersten Einblick.
„Ich mag den Bauernhof, auf dem ich mit meiner Familie lebe, unglaublich gerne“, sagt Maria Radziwon als Bergbäuerin und Mutter in Mörtschach. „Trotzdem ist mein Heimatbegriff sehr persönlich, denn meine Heimat ist dort, wo mein Mann und meine Kinder sind.“ Aus ihrer Perspektive als Theologin verweist sie auf die Bibel, „die voll ist von einer Sehnsucht nach Heimat“.
Vor 40 Jahren folgte Suzanne Senfter ihrer Liebe, die sie in der Schweiz kennen gelernt hatte, nach Leisach. Gemeinsam mit ihrem Mann führte sie den Zenzerhof, nach seinem Tod vor sechs Jahren hat sie die Landwirtschaft übernommen. „Als ich nach Osttirol gekommen bin, gab es noch lange keine Europäische Union. Ich brauchte eine Aufenthaltsgenehmigung, um überhaupt hier bei meinem Ehemann leben zu dürfen“, erinnert sich Suzanne.
Genau genommen stammt sie aus dem Elsass, das über die Jahrhunderte hin- und hergerissen wurde zwischen Deutschland und Frankreich. „Irgendwann haben die Leute einfach gesagt, wir sind Elsässer. Sie haben im Dialekt dafür dann auch einen Heimatbegriff geschaffen.“ Im Unterschied dazu gibt es im Französischen keine direkte Übersetzung. „Wie also etwas definieren, für das es nicht einmal ein Wort gibt? Ist Heimat vielleicht mehr ein Gefühl als ein Wort?“, fragt Senfter. Man dürfe sich glücklich schätzen, dass die deutsche Sprache so reich an Vokabeln sei, meint die Leisacherin.
Für die Kulturspur als einen der Veranstalter soll die Podiumsdiskussion die Vielschichtigkeit der möglichen Heimatbegriffe aufzeigen. Geschäftsführer Christian Waltl, der übrigens von Landeshauptmann Anton Mattle kürzlich zum Kulturbeirat bestellt worden ist, wünscht sich die Osttiroler Heimatmuseen zukünftig als pulsierende Einrichtungen in ihren Orten. In ihnen solle es nicht nur um Bildung und die Vermittlung der eigenen Geschichte gehen, „sie sollen auch als offene Häuser Zusammenkünfte und Kommunikation ermöglichen“. Die Bildungshaus-Leiterin Monika Reindl und Christian Waltl führen heute Abend durch die Diskussion.