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Frauenpower gleich nebenan

V. l. o. n. r.: Britta Hoti, Irena Yocheva, Weiliu Wang und Christina Weiland haben es geschafft. Sie behaupten sich in Berufen, die sonst vorwiegend von Männern ausgeübt werden. Wie sie das machen, erzählen sie im Interview.
© privat / ganz rechts: David Strolz Photography

Wenn von Frauenpower die Rede ist, denken wir meist an Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen oder Top-Unternehmerinnen. Wer aber denkt an die Busfahrerin, die erst mit 47 ihre Ausbildung gestartet hat, oder die Elektrotechnikerin aus Pettneu? Wir zeigen Ihnen Role Models von nebenan und hoffen, das motiviert Sie, ebenfalls neu durchzustarten.

Britta Hoti ist Berufskraftfahrerin. Ihre Lehre hat sie mit 47 gestartet. Kein Problem für die spontane Potsdamerin, die in der DDR geboren wurde und dort das Druckerhandwerk gelernt hat. In Österreich fuhr sie 9 Jahre lang Taxi, bevor sie nochmals die Berufsschulbank gedrückt hat. Heute chauffiert sie einen Postbus.

Warum haben Sie mit 47 nochmals neu angefangen, Frau Hoti?

„Der Beruf als Taxifahrerin ist ziemlich stressig und die 6-Tage-Woche ist die Regel. Da bleibt wenig Zeit für Freunde und Freizeit. Also habe ich mich beim AMS gemeldet und gefragt wegen einem Jobwechsel. Ursprünglich wollte ich Hörakustikerin oder Optikerin werden, doch durch das FiT-Schnuppern* änderte sich mein Plan. Wir waren bei Postbus und dort lernte ich den Beruf ,Berufskraftfahrerin‘ kennen. Ich konnte den Bus problemlos rückwärts einparken und wusste, das ist das Richtige für mich. Vorteil war hier auch die kurze Ausbildungsdauer. Busfahren ist perfekt für mich. Ich bereue nur den ,späten‘ Wechsel, weil mir das Busfahren so gut gefällt. Die letzten drei Jahre sind wie im Flug vergangen.“

Wir unterstützen Frauen dabei, ihre Berufswünsche zu verwirklichen.“

Beatrix Hammer, Gleichstellungsbeauftragte vom AMS Tirol

Christina Weiland ist in Pettneu am Arlberg aufgewachsen und hat Friseurin gelernt. Damals dachte sie noch nicht an andere handwerkliche Berufe. Nach der Karenz arbeitete sie im Tourismus und an der Tankstelle. Heute lernt sie Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Prozessleit- und Bustechnik. Auch dank der Unterstützung ihrer Eltern und Großeltern.

Haben Sie nun Ihren Traumberuf gefunden, Frau Weiland?

„Ja, endlich! Als junges Mädchen habe ich nicht daran gedacht, dass auch Frauen im typischen Handwerksberuf arbeiten können und von den Betrieben auch genommen werden. Erst im Frauenberufszentrum wurde mir das klar. Dort habe ich die Motivation bekommen, mich weiterzubilden und zum Handwerk zurückzukehren. Elektrotechnik bietet ein breites Feld an Möglichkeiten. Es ist Hintergrundwissen notwendig, um die eigentliche Arbeit machen zu können. Durch die vielen Spezialisierungen habe ich vielfältige Jobchancen, denn Frauen werden auch in der Elektrotechnik gesucht. Mein Kind ist jetzt 9 Jahre alt und durch die Unterstützung meiner Eltern/Großeltern kann ich einen neuen Lehrberuf lernen.“

Irena Yocheva war immer schon technikbegeistert, auch in Bulgarien, ihrer Heimat. Sie hat dort das Gymnasium mit Fachrichtung Mikroprozessor-Programmierung erfolgreich abgeschlossen, musste dann aber in Österreich nochmals neu starten. Ihre Ausbildung wurde hier nicht anerkannt. Nach einem Abstecher in die Gastronomie ist Irena heute Kfz-Technikerin und leitet ein Männer-Team.

Sie sind jetzt bereits Abteilungsleiterin in einem männerdominierten Beruf, Frau Yocheva. Müssen Frauen sich immer noch extra beweisen, damit das klappt?

„In der Berufsschule war ich das einzige Mädchen und anfangs musste ich mich im Beruf natürlich beweisen – z. B. zeigen, dass ich auch 60 kg schwere Reifen wechseln kann. Neben dem Willen, sich durchzusetzen, braucht es zusätzlich eine realistische Einschätzung vom Beruf. Da hilft es, vorher in mehrere Berufssparten hineinzuschnuppern, um dann genau zu wissen, was auf einen zukommt. Ich habe mir z. B. Elektrotechnik, Maschinenbau, Hoch- und Tiefbau angeschaut und mich dann für meine Lehre entschieden. Es waren zwei harte Jahre, aber die haben sich gelohnt. Ich bin jetzt in einer viel besseren Situation, verdiene um 800 Euro mehr pro Monat und auch die Work-Life-Balance stimmt. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir diesen Traum ermöglicht haben, und alle Frauen darin bestärken, sich in technischen Berufen zu beweisen. Die Zukunft gehört uns – Frauenpower!“

Weiliu Wang ist in Südchina geboren und absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zur Schneiderin. Alle ihre vier Kinder kamen in Lienz zur Welt, wo sie mit ihrem Mann über viele Jahre ein China-Restaurant führte. Mit Selbstdisziplin und gutem Zeitmanagement verwirklichte sie sich ihren Traum vom eigenen Modegeschäft.

Mit Ihrem Mann gemeinsam arbeiten und vier Kinder – war Ihnen das nicht genug, Frau Wang?

„Ich hatte immer schon den Traum von einem eigenen Modegeschäft, und als meine älteste Tochter in der Maturaklasse war, brauchte ich diesen Schritt einfach für mein Selbstbewusstsein. Im Frauenberufszentrum fand ich tatkräftige Unterstützung und wurde gut beraten. Also setzte ich den mutigen Schritt und eröffnete mein Modegeschäft ,Anina‘ in Lienz. Kurz nach der Eröffnung kam mit Corona meine erste große Bewährungsprobe, die ich dank meiner Fertigkeiten als Schneiderin gut meistern konnte. Bis spät in die Nacht hinein nähte ich Masken und sicherte so das wirtschaftliche Überleben meines Geschäfts und meiner Familie.

Ich möchte nicht nur Mode verkaufen, sondern auch das damit verbundene Lebensgefühl. Danke an alle, die mir Mut gemacht und mich unterstützt haben!“

*FIT ERMÖGLICHT FRAUEN KARRIEREWEGE

FiT ist ein Programm des AMS, das Frauen jeden Alters die Möglichkeit bietet, Berufsausbildungen in Handwerk und Technik erfolgreich abzuschließen. Gefördert werden Lehre, Fachschule, HTL, Kolleg und FH. Für eine Liste mit allen aktuell geförderten Ausbildungen scannen Sie bitte den QR-Code. Wichtiger Bestandteil des FiT-Kurses ist das Schnuppern. So können sich Frauen ausprobieren und wissen dann genau, ob der Beruf das Richtige ist. Details auf:

www.ams.at/fit

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