Russland beharrt auf Offensive: Unverminderte Härte bei Kampf um Bachmut
Der Angreifer Russland beharrt auf seinem Krieg und führt die Offensive in der Ukraine mit unverminderter Härte fort. Beide Seiten berichten von hohen Verluste der jeweils anderen Kriegspartei. Die Ukraine will indes den offenbar von der russischen Armee erschossenen ukrainischen Kriegsgefangenen posthum ehren.
Kiew, Moskau, London – Die russische Führung will den seit Monaten tobenden Kampf um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine mit unverminderter Härte weiterführen. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte am Dienstag in Moskau, die "Befreiung" von Bachmut werde fortgesetzt. Die Einnahme der Stadt erlaube es, ukrainische Verteidigungslinien in der Tiefe zu durchbrechen, begründete der 67-Jährige das Beharren auf der verlustreichen Offensive.
Zuvor hatte die ukrainische Führung schon angebliche Pläne für einen Rückzug aus der umkämpften Stadt zurückgewiesen. Beide Seiten berichten von jeweils hohen Verlusten der gegnerischen Kriegspartei. Nach Angaben Schoigus ist die Zahl ukrainischer Toter und Verletzter zuletzt deutlich gestiegen. "Allein im Februar haben sie (die Verluste) sich um 40 Prozent erhöht und lagen bei mehr als 11.000 Soldaten", so der Minister. Die Ukraine nennt keine eigenen Todeszahlen. Die Waffenlieferungen der NATO würden der Ukraine nicht zum Sieg verhelfen, sagte Minister Schoigu.
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Kämpfe um mittlerweile großteils zerstörte Stadt
Um Bachmut, das vor dem Krieg gut 70.000 Einwohner hatte, wird seit Monaten erbittert gekämpft. Inzwischen ist die Stadt größtenteils zerstört. Kiew räumte auch eigene Verluste bei den Gefechten ein, doch zugleich seien die Ausfälle bei den Angreifern wesentlich höher. So bezifferte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow die Verlustzahlen der russischen Angreifer in Bachmut auf bis zu 500 Mann pro Tag. Er machte für die hohen Opferzahlen das rücksichtslose Vorgehen der dort agierenden russischen Privatarmee Wagner des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin verantwortlich.
Britische Geheimdienste werten die zuletzt öffentlich gewordenen Spannungen zwischen der russischen Regierung und der Wagner-Gruppe als Zeichen für die prekäre Lage im Ukraine-Krieg. Die teils öffentlich ausgetragenen Konflikte machten deutlich, wie schwierig es in der aktuellen russischen Offensive sei, ein ausreichendes Niveau an Personal und Munition aufrechtzuerhalten, hieß es am Dienstag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.
Russische Söldnergruppe legt sich mit Armeeführung an
Wagner-Chef Prigoschin hatte bereits mehrmals Kritik an der russischen Militärführung geübt. Nach Darstellung Prigoschins haben die Wagner-Kämpfer Bachmut blockiert, nun versuchten wiederum die ukrainischen Soldaten, die russischen Einheiten einzukesseln und die Blockade aufzulösen. "Die ukrainischen Streitkräfte werden um Artjomowsk bis zum Ende kämpfen, das ist offensichtlich. Wir sollten unsere Arbeit auch bis zum Ende machen", so Prigoschin. Er verlangte erneut mehr Munition von der russischen Militärführung.
Die Ukraine hat seit Kriegsbeginn von internationalen Partnern 450 Lieferungen von Energieanlagen mit einem Gesamtgewicht von 5.650 Tonnen als humanitäre Hilfe erhalten. Dies erklärte der ukrainische Energieminister German Galuschtschenko, berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. "Dank dieser Hilfe konnten wir eine große Anzahl von Energieinfrastruktur-Objekten wiederherstellen, die von den Russen mit Raketen, Drohnen und Artillerie beschossen worden waren", so Galuschtschenko.
Die erhaltene Hilfe umfasste mehr als 1.700 Stromgeneratoren, etwa 1.000 Transformatoren, mobile Gaskessel, Spezialausrüstung, Hochspannungsausrüstung für die Reparatur von Stromübertragungsleitungen und ein mobiles Kabellabor. Insgesamt erhielt die Ukraine Hilfe aus 30 Ländern. Auch Österreich hat Generatoren geliefert.
Ukraine will Identität von erschossenem Kriegsgefangenen klären
Die ukrainische Armee hat die Identität eines mutmaßlich von russischen Soldaten erschossenen Kriegsgefangenen nach eigenen Angaben "vorläufig" geklärt. Der auf einem Video bei seiner Erschießung gefilmte 41-Jährige gilt seit dem 3. Februar bei der umkämpften Stadt Bachmut als vermisst, teilten am Dienstag die Landstreitkräfte der Ukraine im Nachrichtenkanal Telegram mit. Eine endgültige Bestätigung könne es aber erst geben, wenn die Leiche gefunden und übergeben werde.
Am Montag hatte ein Video einer mutmaßlichen Erschießung eines Mannes in ukrainischer Uniform durch Russisch sprechende Männer für Entsetzen gesorgt. Der Mann rief vor den tödlichen Schüssen noch den Gruß der ukrainischen Armee "Ruhm der Ukraine!". In sozialen Netzwerken entfaltete sich danach eine Kampagne mit dem Gruß und der Entgegnung "Ehre den Helden!".
Die Partei Diener des Volkes des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verbreitete einen Aufruf, dem getöteten Soldaten den Titel "Held der Ukraine" postum zu verleihen. Regierungsvertreter schrieben von einer niederträchtigen Tat und einem weiteren Beleg für russische Kriegsverbrechen. Auch Selenskyj verurteilte die Bluttat. (TT.com, APA, dpa)
Kriegsverbrechen vermutet
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