Fabelhafter Fabelman: Steven Spielbergs Ausflug in die persönliche Vergangenheit
Steven Spielberg erzählt in „The Fabelmans“ auf wunderbare Weise aus seiner eigenen Kindheit und legt eine emotionale Hommage an seine Eltern vor.
Innsbruck – Wenn die Eltern mit 97 und 103 Jahren sterben, verzögert sich das endgültige Erwachsenwerden ganz schön. Das hat für Hollywood-Veteran Steven Spielberg zu einer wunderbaren Filmkarriere geführt, in der er sich stets den Blick eines Kindes bewahrt hat. Mit seiner Mutter hatte Spielberg noch über eine Filmversion der eigenen Familiengeschichte gesprochen. Nun ist es so weit, nur kurze Zeit nach dem Tod der Eltern und einer Pandemie, die auch den 76-jährigen Steven Spielberg mit dem Tod konfrontierte und Bilanz ziehen ließ.
All das erzählte der Mainstream-Meister vor zwei Wochen bei seinem Berlinale-Besuch anlässlich der Verleihung des Goldenen Bären für sein Lebenswerk. Mit seinem neuesten Spielfilm „The Fabelmans“ bekommt dieses umfangreiche filmische Lebenswerk nun einen würdigen Schlussstein, auch wenn weitere Filme folgen mögen.
🎬 Trailer | Die Fabelmans
Es ist eine jüdische Familiengeschichte erzählt aus den Augen des einzigen Sohnes der Familie, Sammy. Alles beginnt, wie könnte es anders sein, mit dem ersten Kinobesuch im Volksschulalter. Es ist die Geburt des Filmemachers Sammy Fabelman, der daraufhin mit einer Schmalfilmkamera das traumatische Zugunglück aus dem soeben gesehenen Western mit der Modelleisenbahn nachstellt.
Dabei hilft ihm seine Mutter Mitzi (Michelle Williams), die ihm die Fantasie mitgibt. Sie wäre wohl eine erfolgreiche Konzertpianistin geworden, hätten in der Nachkriegszeit nicht die häuslichen Zwänge als Ehefrau und Mutter dazwischengefunkt.
Vater Burt (Paul Dano) ist für die technische Faszination zuständig, ist er doch wie sein Vorbild Spielberg senior ein Pionier der Computerentwicklung bei IBM. Bei dieser elterlichen Kombination kann eigentlich nur ein Handwerksmeister der Filmkunst herauskommen.
Doch zuerst muss sich Sammy (Gabriel LaBelle) in der Pubertät noch gegen den Vater behaupten, der eine „ernsthaftere“ Karriere für ihn im Sinn hat. Der in sich gekehrte Vater übersieht neben der Arbeit immer mehr seine Frau, die sich in seinen besten Freund verliebt.
Sammy entdeckt die Affäre durch die Augen seiner Kamera, am Schneidetisch eines Home-Movies. Die emotionale Wahrheit liegt in den Filmbildern verborgen. Ohne ein Wort zu verlieren, zeigt Sammy den Film seiner Mutter und das Geheimnis verbindet die beiden wieder, auch wenn es die Eltern wenig später entzweit.
Wie phänomenal Spielberg u. a. diese Szene inszeniert, macht deutlich, warum er einer der großen Regisseure seiner Generation ist. Mit dem Frieden des Alters erzählt Spielberg von diesem Kindheitstrauma und behandelt beide Eltern mit unglaublicher Zärtlichkeit. „The Fabelmans“ ist ein letztes Verzeihen und eine Hommage an die beiden, während der Film gleichzeitig eine für das Publikum offene Erzählung mit viel Zeitkolorit bietet. Trotz Überlänge abwechslungsreich, folgen Spielberg und Drehbuchautor Tony Kushner dem zukünftigen Regiestar bis zur Begegnung mit einem Großen der vorigen Generation: John Ford (gespielt von Regisseur David Lynch). „The Fabelmans“ ist einer der schönsten Filme über die Familie und das Filmemachen.