ORF-Pressestunde

Fiskalrat-Chef Badelt warnt: „Kein Klima gegen Ausländer aufbauen“

Fiskalrat-Chef Christoph Badelt: „Wir sollten kein Klima aufbauen, das eine Anti-Ausländer-Stimmung im Land erzeugt.“
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Christoph Badelt warnt auch Kanzler Nehammer davor, eine ausländerfeindliche Stimmung im Land aufzubauen. Er ortet eine Überförderung von Unternehmen und ungerechtfertigte Preiserhöhungen.

Wien – Für Christoph Badelt, Chef des Fiskalrates, haben Energiekrise, Lieferketten-Probleme und der Krieg in der Ukraine zu einem Wohlstandsverlust in Österreich geführt. Es gehe nun darum, wie dieser Verlust aufgeteilt wird. Wobei die starke Teuerung nicht automatisch die unteren Einkommensbezieher stärker treffe, aber eben anders. Bei den Hilfen im Zuge der Krise sei mehr soziale Treffsicherheit erforderlich, so Badelt am Sonntag in der „ORF-Pressestunde“.

Zum Vorschlag von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), nur für jene die volle Berechtigung auf Sozialleistungen zu gewähren, die durchgehend fünf Jahre in Österreich leben, zeigte sich Badelt skeptisch. Man müsse „sehr, sehr aufpassen, dass man nicht in eine Stimmung komme, wo sich alles gegen Ausländer richtet. Wir brauchen sie dringend“, sagte Badelt: „Wir sollten kein Klima aufbauen, das eine Anti-Ausländer-Stimmung im Land erzeugt.“ Er sei sich auch nicht ganz sicher, an welche Sozialleistungen Nehammer gedacht hat. „Worauf das allenfalls abzielen könnte, wäre eventuell die Familienbeihilfe, oder der ganze Bereich der Sozialhilfe. Und da bin ich schon sehr, sehr skeptisch.“ Denn de facto würde das bei der Familienbeihilfe zu einer massiven Armutszunahme von Kindern führen, betonte er: „Wollen wir das?“

Zur Sozialhilfe sagte Badelt, diese sei „das unterste Sicherheitsnetz, das wir haben“. Sie sei dazu da, Menschen ökonomisch lebensfähig zu halten, die kein anderes Einkommen haben. „Und wenn Sie denen jetzt, weil sie Ausländer sind, die Hälfte wegnehmen für die ersten fünf Jahre, dann möchte ich wissen, wovon die dann leben.“ Damit schaffe man „massive soziale Probleme“.

Österreichs oberster Schuldenwächter ortet auf der anderen Seite eine teilweise Überförderung bei Unternehmen sowie Preiserhöhungen durch Firmen, die durch die Inflation nicht gerechtfertigt gewesen wären. Hier sei auch die Verwaltung gefordert. Es sei etwa nicht durch die Energiepreise gerechtfertigt, Parkgebühren zu erhöhen. Grundsätzlich halte er aber viel davon, den Verkehr aus Umweltschutzgründen zu verteuern, insbesondere in den Städten.

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Dass in Österreich die Inflation höher ist als in anderen EU-Staaten, erkläre sich auch aus der Zusammensetzung des Warenkorbs, aus dem der Verbraucherpreisindex (VPI) errechnet werde. Preisdeckel würden zwar schnell wirken. Die Regierung sei aber nicht primär dazu da, die Inflation zu bekämpfen, sondern deren Auswirkungen. Badelt plädierte außerdem für Vermögenszuwachssteuern, nicht aber für Steuern auf Bestandsvermögen.

SPÖ und NEOS fühlen sich durch die Aussagen von Badelt bestätigt. ÖVP und Grüne müssten die Gießkanne einpacken, gezielt helfen und die Teuerung bekämpfen, so der Oppositions-Tenor. (TT, APA)