Schwarz-blauer Pakt in Niederösterreich vollzogen, Protest bleibt
Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist als Landeshauptfrau bestätigt worden. Sie hat aber nur 24 der 41 gültigen Stimmen bekommen.
Wien – Normalerweise sind konstituierende Landtagssitzungen ein Routinevorgang, ergo ohne Aufsehen. Gestern war das in Niederösterreich anders. Hunderte Menschen protestierten vor dem Landhaus in St. Pölten gegen den Arbeitspakt von ÖVP und FPÖ. Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, sprach von einem „politischen Dammbruch. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass wir das nicht akzeptieren.“
Ungeachtet des Widerstands wurde der Regierungsbund für die kommenden fünf Jahre im Sitzungssaal vollzogen. Die Wahl Johanna Mikl-Leitners zur Landeshauptfrau stand an. Mit einfacher Mehrheit ist die ÖVPlerin im Amt bestätigt worden. Sie bekam nur 24 der 41 gültigen Stimmen im 56-köpfigen Landesparlament. Das entspricht der Anzahl der ÖVP-Mandatare – plus einer Stimme aus einer anderen Fraktion. Die FPÖ hatte wissen lassen, dass ihre 14 Abgeordneten ungültig wählen würden. Mit diesem Trick wollten sie sich nicht nachsagen lassen, dass sie nicht zu ihrem Vorwahlversprechen – für Mikl-Leitner werde nicht gestimmt – stehen. Zu Mikl-Leitners Stellvertretern wurden Stephan Pernkopf (ÖVP) und FPÖ-Chef Udo Landbauer gekürt.
Mikl-Leitner war andere Resultate gewohnt. Als sie am 19. April 2017 Erwin Pröll an der Landesspitze nachfolgte, bekam sie 52 von 56 Stimmen; nach der Landtagswahl 2018 waren es 53.
Am 29. Jänner ist in Niederösterreich gewählt worden. Die Mandatsverteilung im Landtag seither: ÖVP 23 (bisher 29), FPÖ 14 (8), SPÖ 12 (13), Grüne 4 (3), NEOS wie bisher drei. Die 56 Abgeordneten sind gestern angelobt worden. Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) wurde mit 51 Stimmen bestätigt. Für den Zweiten Landtagspräsidenten Gottfried Waldhäusl (FPÖ), bis dato Asyllandesrat, votierten 38 Mandatare.
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Vor der Stimmabgabe hatten Grün-Abgeordneter Dominic Hörlezeder und SPÖ-Mandatar Christian Samwald Waldhäusls Aussagen im TV beklagt. Eine Schülerin eines Gymnasiums in Wien-Favoriten hatte auf den Migrationshintergrund von Leuten aus ihrer Klasse verwiesen, gesagt, dass sie nicht in Wien wären, wenn Waldhäusls Vorstellungen zum Thema Asyl umgesetzt worden wären. Dessen Antwort: „Auf die Frage, wenn das schon geschehen wäre, dass hier sehr viele nicht in der Schule wären: Dann wäre Wien noch Wien.“
Das Amt des Zweiten Landtagspräsidenten sei damit „unvereinbar“, befand Samwald gestern. Hörlezeder sprach von „beschämenden“ Äußerungen. Für die Grünen sei „unmöglich, Waldhäusl in eine so hohe Position zu wählen“. Mikl-Leitner verteidigte ihr Tun:„Ein Kompromiss ist keine Niederlage.“
Während der Landtagssitzung wurde bekannt, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen Freisprüche gegen Waldhäusl zurückgezogen hat. Die WKStA hatte ihm und einer Ex-Landesbediensteten Amtsmissbrauch in Zusammenhang mit der Verlegung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in die mit Stacheldraht begrenzte Asylunterkunft Drasenhofen vorgeworfen.
Mit 24 von 41 Stimmen
Schwarz-Blau im Amt: Dünne Zustimmung für Mikl-Leitner als Landeshauptfrau Niederösterreichs
Konstituierende Sitzung