Osterfestival Tirol

„Rhythmus & Rausch" im Haller Salzlager: Anbändeln gegen die Fliehkraft

Hier stimmt die Trennung zwischen TänzerInnen und Publikum noch einigermaßen.
© Victor Malyshev

Performativer Auftakt des Osterfestivals Tirol im Haller Salzlager mit „Rhythmus & Rausch“ der Compagnie CieLaroque.

Hall – So etwas wie einen von der Bühne klar getrennten Zuschauerraum braucht , die zehnköpfige Kompagnie der österreichischen Choreographin Helene Weinzierl, jedenfalls bei ihrer aktuellen Produktion „Rhythmus & Rausch“ nicht. Wird hier doch die gesamte riesige Halle des Salzlagers zum Aktionsraum, durch den die zehn Tänzerinnen und Tänzer in atemberaubendem Tempo sausen, die stehenden oder auf kleinen Hockern sitzenden Zuschauenden ein- bzw. auskreisend, um sie wort- und gestenreich zum Mitmachen zu animieren.

Ihre charmanten Anbändelungversuche funktionieren mehr oder weniger gut, im Lauf der 75 Minuten der Performance immer besser. In denen die Abstände zwischen Akteuren und Publikum immer geringer werden, die instinktiv vorhandenen Fliehkräfte erschlaffen, es durchaus vorkommen kann, dass sich eine Tänzerin von einem Zuschauer den nackten Bauch berühren, die Haare schrubben oder sich mittels eines kleinen Ventilators Kühlung verschaffen lässt.

Die Spiel- bzw. Tanzplätze verschieben sich dabei ständig, es entstehen auf rein körpersprachlicher Ebene surreale Dialoge, die mit viel Fröhlichkeit und hintergründiger Ironie verhandelt werden. Da werden Tänzer zu Fischen, die das Salzlager „durchschwimmen“, und das Publikum „schwimmt“ fröhlich mit. Lässt die Tänzer und Tänzerinnen zwischen seinen Beinen durchkriechen, schaut fasziniert zu, wie diese nach einer Choreographie, die eigentlich keine fix festgelegte zu sein scheint, den Raum durchpflügen.

Einen wichtigen Anteil daran, dass die Interaktion zwischen allen Akteuren so gut funktioniert, hat die Musik von Oliver Stotz. Wobei einer der Tänzer für kurz in die Rolle eines Metronoms schlüpft, in dessen Takt sich der gesamte Raum zu bewegen beginnt. Hüften fangen an zu kreisen, selbst noble Ladys, denen man dies nicht zutrauen würde, scheinen fast in Ekstase zu fallen.

Bis es bye-bye heißt, die Sause sich ihrem Ende zuneigt, die Tänzerinnen und Tänzer die ZuschauerInnen per Wasserzerstäuber auf die ihnen zustehenden Plätze verweisen. Die klassische Ordnung ist somit wieder einigermaßen hergestellt, hat seine Bühne wieder. Um sie noch einmal in rasantem Tempo zu durchkreisen, zu durchhüpfen, zu durchrollen. Allein, zu zweit oder in Gruppen, die sich ständig neu formieren, bis er aus ist. Zur Musik von „Stand by Me“ dem Publikum die Botschaft mit auf den Heimweg gebend, ja nicht auf das Lachen zu vergessen.

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