„Tag der absoluten Schande“: Kritik an IOC-Entscheidung von beiden Seiten
Das Internationale Olympische Komitee muss sich in der heiklen Frage der Wiederzulassung (bela-)russischer Sportler Kritik gefallen lassen.
Lausanne – Von Vertretern der Ukraine kamen nach der Entscheidung ebenso scharfe Worte wie von jenen aus Russland (siehe dazu Box unten). Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko etwa warf IOC-Präsident Thomas Bach vor, den „Farben und Interessen Russlands“ zu dienen. Russlands Sportminister Oleg Matyzin beklagte indes die „inhumane“ IOC-Entscheidung.
Das IOC hatte am Dienstag die Wiederzulassung (bela-)russischer Sportler als neutrale Athleten zu internationalen Wettbewerben empfohlen. Sportler mit Verbindung zu Militär und Sicherheitsorganen sowie Mannschaften sollen aber ausgeschlossen bleiben. Eine Entscheidung für die Olympischen Spiele 2024 in Paris werde aber erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen, betonte Bach.
Entgegen der Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bleiben diese indes von diversen Veranstaltungen und Verbänden weiter ausgeschlossen. Der Leichtathletik-Weltverband etwa hält an seiner Ablehnung weiter fest: „Wie das IOC gesagt hat, liegt die Entscheidung der Zulassung in der Verantwortung der internationalen Verbände“, hieß es in einer Stellungnahme.
Ähnlich argumentierten die Organisatoren der Europaspiele in Polen: „Der Standpunkt des Organisationskomitees bleibt unverändert“, sagte ein OK-Sprecher am Mittwoch. Die dritten Europaspiele (European Games) finden vom 21. Juni bis 2. Juli statt. Erwartet werden Delegationen aus rund 50 Ländern. Die Athletinnen und Athleten messen sich in mehr als 25 Sportarten und können sich in einigen Disziplinen Qualifikationspunkte für die Olympischen Spiele in Paris 2024 sichern.
Polens Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk schrieb in einem Twitter-Beitrag von einem „Tag der absoluten Schande“ für das IOC. Und Regierungschef Mateusz Morawiecki hielt zur Diskussion fest: „Wir werden alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass der Sport frei von russischem Einfluss bleibt.“ Die Entscheidung gebe Kremlchef Wladimir Putin ein Argument für seine Propaganda, dass der Westen nachgegeben habe.
Aus anderen Teilen der Welt erhält das IOC Rückendeckung für eine Aufhebung des seit Beginn des Krieges geltenden Banns, auch das Österreichische Olympische Komitee (ÖOC) hatte sich zuletzt für eine Teilnahme (bela-)russischer Athleten bei Olympia 2024 ausgesprochen. Sportminister Werner Kogler hingegen hält das für „unzumutbar“. (TT, APA)
Russlands IOC-Schelte
Stanislav Pozdnyakov (Präsident Russisches Olympisches Komitee): „Wir glauben, dass dieses Kriterium den Grundstein für einen internen Konflikt im russischen Sport legt. Es hat das direkte Ziel, die Gemeinschaften russischer Athleten zu spalten, sie in akzeptabel und den Rest zu unterteilen.“
Valentina Rodionenko (Cheftrainerin der russischen Turn-Nationalmannschaft): „Kein [russischer] Sportverband wird zustimmen, unter solchen Bedingungen an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Sie laden Athleten ein, als Ausgestoßene teilzunehmen.“
Wjatscheslaw Fetisow (ehemaliger Sportminister, zweifacher Eishockey-Olympiasieger): „Menschen wurden ihres Traums beraubt, das ist eine Verletzung beider Rechte und aller universellen Prinzipien.“