„Hear Eyes Move“: Augen und Ohren im Duett
„Hear Eyes Move. Dances with Ligeti“ beim Osterfestival Tirol im Congress Innsbruck.
Innsbruck – Der Abend „Hear Eyes Move“ von Elisabeth Schillings Compagnie „Making Dances“ war eine von Live-Klaviermusik begleitete Tanzperformance genauso wie ein Klavierkonzert, zu dem getanzt wurde. Hören und Sehen wurden in 75 intensiven Minuten in der Dogana des Innsbrucker Congress zu einem aufregenden Ganzen, bei dem einmal die Ohren, dann wieder die Augen bedient wurden, meist jedoch beide gemeinsam.
In einem Setting, das schlichter kaum sein könnte. Die Bühne ist komplett weiß, fast skulptural akzentuiert durch eine sich von unten nach oben kurvende Stoffbahn. Links steht der schwarze Flügel, die Gewänder der drei Tänzerinnen und zwei Tänzer sind aus fließenden, farbig delikat gemusterten Stoffen gemacht, die den Bewegungen der Körper folgen, sie sozusagen haptisch transformiert im Raum nachklingen lassen.
„Dances with Ligeti“ ist der Untertitel von Elisabeth Schillings „Hear Eyes Move“. Es sei Liebe auf den ersten Ton gewesen, György Ligetis Musik fasziniere sie seit ihrer ersten Begegnung mit dieser vor mehr als zehn Jahren, so die deutsche Tänzerin und Choreographin, die ihre aktuelle Produktion gemeinsam mit ihrer Compagnie entwickelt hat. Woraus eine sehr spezielle Bewegungsmethodik entstanden ist, rhythmische Muster parallel genauso wie quer zu Ligetis Musik.
Konkret zu dessen von der Pianistin Cathy Krier eindrücklich interpretierten Etüden. Die junge Luxemburgerin mag spezielle Projekte, die Auseinandersetzung mit ihr fremden künstlerischen Genres. Was ihre Zusammenarbeit mit Schilling so wunderbar macht, ist doch beider Ansatz verblüffend unkonventionell, viele Fragen stellend, ohne Antworten geben zu können oder zu wollen.
Denn eine lineare Geschichte wird in „Hear Eyes Move. Dances with Ligeti“ nicht erzählt. Der Anfang ist in geheimnisvolles Dunkel getaucht. Die Figuren sind eine erstarrte Masse, aus der sich eine langsam löst, sich aufrichtet und mit lautem Knall wieder umfällt. Erst langsam beginnen die TänzeInnen sozusagen „aufzutauen“, ihre Bewegungen sind vorerst noch eckig, muten fast geometrisch an, bevor sie sich organisch zu runden beginnen, mehr und mehr in den Raum ausgreifen.
Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen die Tanzenden die Bühne erobern, sich für einen Moment Kreise, Linien und Knäuel bilden, haben mit den speziellen Strukturen von Ligetis Musik zu tun, ihren verblüffenden Phasenverschiebungen, ihren rasch wechselnden Dynamiken und Rückkopplungsschleifen.
Die Choreographie, in der sich dieses höchst konzentrierte Tun entwickelt, ist exakt durchdekliniert, jede/r der fünf TänzerInnen ist genauso Teil des Kollektivs wie Individuum. Genauso verhält es sich mit den Körpern und der Musik. Sie sind gleichberechtigte Akteure, treten mit- genauso wie gegeneinander an, sie laufen voreinander her oder einander nach, bisweilen auch davon. Einmal wird nur getanzt, dann wieder gibt es allein die Musik Ligetis, haben einmal die Ohren, dann wieder die Augen Pause.
Eine wichtige Rolle spielt das Licht an diesem Abend. Als Medium der Inszenierung für die sehr speziellen Designideen Elisabeth Schillings. Um die Tanzenden aus dem Dunkel fast dramatisch auftauchen und wieder in dieses abtauchen zu lassen, allein oder in Gruppen. Wobei die AkteurInnen einander nie berühren, bis zum letzten Moment, wo sich die fünf – abgewendet vom Publikum – umarmen.