🎬 Diese Woche im Kino

Ben Afflecks „Air – Der große Wurf“: Von Kopf bis Schuh auf Legende getrimmt

Matt Damon (Mitte) spielt in „Air – der große Wurf“ den Talentsucher Sonny Vaccaro als sympathischen Verlierer-Typ.
© Warner

Ben Affleck verfilmt mit „Air – Der große Wurf“ die Vermarktung eines Superstars und die Entstehungsgeschichte eines Kultobjekts.

Innsbruck – Auf der Suche nach verfilmbaren Vorlagen begibt sich Hollywood gerade in seltsame Gefilde. Nach Romanen, Computerspielen oder Vergnügungspark-Attraktionen sind nun also Markenprodukte an der Reihe. In „Air – Der große Wurf“ jedenfalls geht es um die Turnschuhe eines Sportartikelherstellers. Genauer gesagt, wird die Entstehung der titelgebenden Produktlinie des US-Konzerns mit dem göttlichen-griechischen Namen verfilmt. Ihr Werbeträger ist Michael Jordan, der afroamerikanische Basketball-Superstar. Hierzulande darf man ihn gedanklich gerne durch einen Abfahrer mit seinen Rennskiern ersetzen.

Schon Mitte der 1980er-Jahre, gerade erst am Sprung in die NBA-Liga, wird Jordan als Werbetestimonial heiß umworben. Etwa von Protagonist Sonny (Matt Damon), einem Verlierer-Typ mit dem seltsamen Job eines Sponsoring-Talentsuchers. Er will alles auf eine Karte setzen. Doch dafür muss er zuerst Michael Jordans Mama (Viola Davis) überzeugen. Währenddessen gerät Vorstand Phil Knight (Ben Affleck) finanziell ins Straucheln.

🎬 Trailer | Air

Das Ende der Filmgeschichte wird für die Zuschauer natürlich vorweggenommen. Die reale Geschichte gibt den Figuren Recht, ohne dass sie es wissen. Knight ist heute auf Platz 17 der reichsten Menschen der Welt. Michael Jordan ist Sport-Milliardär. Und die „Air Jordans“ sind Kultobjekte, im Sinne eines kommerziellen Marken-Fetischs – und teure Sammlerstücke. In Spike Lees New Yorker Coolness-Meisterwerk „Do the Right Thing“ bekommen sie sogar eine eigene Szene, als ein weißer Nachbar die weißen „Air Jordans“ des afroamerikanischen Protagonisten beschmutzt. Michael Jordans Bedeutung für das schwarze Amerika wird in „Air“ nur angedeutet, in einigen Dialogen seiner Mutter Deloris Jordan.

„Air“ macht deutlich, dass in den USA selbst rein wirtschaftlicher Erfolg zur Heldengeschichte taugt. Der für viele Amerikaner ausgeträumte amerikanische Traum ist im Herzen ökonomisch. Warum also nicht die Geburt einer Marke als den Aufstieg eines Helden erzählen? Nicht nur „Air“, sondern auch die vergangene Woche erschienene „Tetris“-Story oder der auf der Berlinale präsentierte Smartphone-Thriller „Blackberry“ zelebrieren das „Produkt-Biopic“ als neues Genre.

Auch die Brautwerbung um Michael Jordan ist eine unerhörte Glorifizierung von Marketing. Was als Prämisse obszön kommerziell ist, funktioniert als Film erstaunlich gut. Das liegt einerseits an der herrlichen Retro-Patina der gerade wieder angesagten, knallbunten 1980er. Andererseits ist Regisseur Ben Affleck ein guter Handwerker, der seit seinem Drehbuch-Oscar („Good Will Hunting“, 1998) zusammen mit Matt Damon nicht nur vor der Kamera gute Figur macht. Ähnlich wie sein Film „Argo“, der 2013 den Oscar für den besten Film holte, lebt auch „Air“ von der Leichtigkeit der Figuren in einem absurden, aber eigentlich ernsten Szenario. Im Fall von „Air“ macht das erstaunlich viel Spaß – ganz ohne Turnschuh-Konsumzwang.

🎬 Info

Air. Ab dieser Woche im Kino.