Kritik an Corona-Management: Was der Rechnungshof für künftige Krisen empfiehlt
Der Rechnungshof hat mit Blick auf teils undurchsichtige Pandemie-Maßnahmen Handlungsempfehlungen für die staatliche Krisenbewältigung veröffentlicht.
Wien – In einem COVID-19-Themenpapier hat der Rechnungshof am Dienstag Handlungsempfehlungen für die staatliche Krisenbewältigung veröffentlicht. Sie fußen auf Prüfungen, die das Kontrollorgan zum Thema Pandemie publiziert hat. Demnach braucht es etwa zeitgemäße Rechtsgrundlagen und präzise Förderkriterien. "Ich verstehe den Beitrag des Rechnungshofes im Herausarbeiten von Verbesserungspotenzialen", so RH-Präsidentin Margit Kraker im Vorwort.
18 Prüfungen hat der Rechnungshof bereits zum Thema Corona veröffentlicht, einige weitere sind in Bearbeitung. Empfehlungen, die daraus hervorgehen, gibt es nun zum Pandemiemanagement und COVID-19-Hilfen sowie zu einem effektiven Kontrollsystem und einer krisenfesten Organisation.
Nach RH-Bericht
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In Berichten zum ersten Jahr der Pandemie stellte der Rechnungshof fest, dass die Vorbereitungen für ein gesundheitsbehördliches Pandemiemanagement nicht ausreichend waren, obwohl der Handlungsbedarf bereits vor der Pandemie aufgezeigt worden war. Kritik gibt es etwa an der Gesetzeslage: Das Epidemiegesetz sowie der nationale Pandemieplan aus dem Jahr 2006 sind laut Rechnungshof nicht mehr zeitgemäß.
Das Kontrollorgan empfiehlt deshalb, für geeignete Rechtsgrundlagen und Krisenpläne zu sorgen. Notwendig seien funktionierende Meldesysteme, auch brauche es ein klar geregeltes Zusammenspiel zwischen Gesundheitsministerium, Krankenanstalten und dem niedergelassenen Bereich. Eine allgemeine gesetzliche Regelung für eine Informations- und Zusammenarbeitsverpflichtung im Krisenfall habe hier gefehlt.
Hilfsmaßnahmen zu wenig treffsicher
47,7 Milliarden Euro wurden bis Ende 2022 an Hilfsmaßnahmen vom Bund ausbezahlt oder genehmigt, wie aus dem Papier hervorgeht. Davon waren 14,3 Milliarden Euro Zuschüsse der eigens gegründeten Hilfsagentur COFAG, 9,8 Milliarden Euro flossen in die Kurzarbeit. Empfehlungen des Rechnungshofes umfassen etwa eine klare Festlegung von Zuständigkeiten, Förderzielen und Parametern, die treffsichere Gestaltung von Hilfsmaßnahmen und die präzise Definition der Förderkriterien.
Teilweise unpräzise seien etwa die Kriterien für die Unternehmenshilfen der COFAG gewesen – die antragstellenden Unternehmen hätten ihre Zahlungsunfähigkeit oder einen konkreten Liquiditätsengpass, für die die Zuschüsse vorgesehen waren, auch nicht darlegen müssen. Eine Kombination von Umsatzersatz und Kurzarbeitshilfe hätte sich außerdem nicht ausgeschlossen, was laut Rechnungshof zu einer "systematischen Überförderung von Personalkosten" führte – nur im November 2020 hätte das bei 50 ausgewählten großen Unternehmen eine Überförderung von bis zu 29 Millionen Euro verursacht.
Kritik an Kontrollsystem für Hilfen
Auch beim Kontrollsystem der Hilfen meldete der Rechnungshof Kritik an. Zentrale Fördervoraussetzungen seien nicht systematisch geprüft worden – so etwa bei der Familienbeihilfe, die ohne Nachweise ab den ersten Pandemiemonaten bis zum März 2021 weitergewährt wurde. Der Rechnungshof empfiehlt Vorgaben für die Kontrolle der Fördervoraussetzungen festzulegen, Konzepte für die nachgelagerte Kontrolle zu entwickeln und die Transparenz der Förderungen sicherzustellen.
Auch in Krisensituationen müsse der Dienstbetrieb sichergestellt werden, verwies der Rechnungshof etwa auf die mangelnde IT-Sicherheit von Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung im Homeoffice. Bestehende Expertise und Strukturen in der Verwaltung sollen laut Rechnungshof außerdem genutzt und bei externen Beauftragungen Wissenstransfer sichergestellt werden. Zu klein sei dieser bei der COFAG gewesen, für die laut Rechnungshof in hohem Maße externe Leistungen zugekauft wurden, vor allem für Rechtsberatung und Prüfung von Zuschussanträgen. Bis Mitte 2022 fielen dafür Kosten von rund 36 Millionen Euro an. (APA)
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