TherapeutInnen besorgt: Mehr Kinder mit Ängsten und Sprachstörungen
Innsbruck – Aktuell beobachten TherapeutInnen nichts Gutes: Die Anzahl der Kinder mit Sprachstörungen hat zugenommen. Auch Angststörungen sind mehr geworden – selbst bei 6- bis 9-Jährigen. Dazu kommen Depressionen, Essstörungen, Schulverweigerung und auch Spiel- bzw. Sucht nach Substanzen.
„All das hat es schon immer gegeben. In den letzten drei Jahren beobachten wir diese Entwicklungen allerdings vermehrt. Das macht uns Sorgen“, sagt Tanja Eberhart. Die Psychologin leitet eines der neun „For Kids“-Therapiezentren des Diakoniewerks in Tirol. Dieses veranstaltet dieses Wochenende ein Symposium im Haus der Begegnung.
Ein Grund, warum man auf die prekäre Situation vieler Kinder und Familien aufmerksam machen will. Man betreue rund 1100 Familien in den regionalen Therapiezentren. Die Kinder werden von Ärzten, Schulen oder Kindergärten vermittelt. Sie alle haben Verhaltensauffälligkeiten bzw. -probleme.
Oft wurden diese durch die Corona-Pandemie verstärkt: „Vielen Kindern haben in dieser Zeit soziale Erfahrungen gefehlt, weil Kindergärten oder Kinderkrippen geschlossen hatten. Dazu kam oft, dass die Eltern selber sehr belastet waren. Nicht alle kamen gleich gut durch die Pandemie, die Ressourcen waren verschieden. Es gibt Eltern, die selbst in systemerhaltenden Berufen, in der Pflege oder bei der Polizei waren. Diese hatten immense Belastungen zu stemmen: Wir erleben völlig traumatisierte Familien, bei denen einfach zu viele Krisen zusammengekommen sind. Bei Kindern haben sich teils diffuse Ängste entwickelt, wir sehen einige mit Trennungsängsten. Auch die Zahl der Sprachverzögerungen oder der Schulverweigerer ist gestiegen“, sagt Eberhart. Man spüre, dass viele Familien unter Druck stehen. Sie seien um jede Unterstützung froh.
Die Therapiezentren würden mittels interdisziplinärer Teams therapeutisch helfen. Aber auch hier: Es fehlt z. B. an LogopädInnen, die mit Kassenverträgen arbeiten – vor allem im Oberland (in Imst, Zams, Reutte gibt es gar keine). Und: „Selbst bei uns gibt es Wartezeiten von drei bis fünf Monaten für einen Therapieplatz“, so Eberhart. Es gebe auch sonst keine „schnelle Hilfe“ ohne Wartezeit. Tirols Kinder- und Jugendpsychiatrie ist völlig ausgelastet. Es wäre aber wichtig, vorher zu helfen, damit sich Störungen nicht manifestieren: „Für ein Kinderleben sind fünf Monate warten in der Krise zu lange.“ Laut Diakoniewerk würde eine langfristige Finanzierungssicherheit für Kindertherapiezentren eine wesentliche Säule in Tirol ausmachen. (lipi)