Zum Ukraine-Krieg

China will keine Waffen in Krisengebiete liefern, Baerbock fordert Einfluss ein

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock zu Gast bei ihrem Amtskollegen Qin Gang in Peking.
© APA/AFP/POOL/SUO TAKEKUMA

Die deutsche Außenministerin fordert China auf, Putin zu einem Kriegsende zu bewegen. Peking: „Lassen uns bei Menschenrechten nicht belehren“.

Peking, Brüssel – China liefert nach Angaben von Außenminister Qin Gang keine Waffen in Krisengebiete. "Wir liefern und werden ja auch später keine Waffen an Konfliktparteien liefern", sagte er am Freitag nach einem fast zweistündigen Gespräch mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock in Peking. Zudem kontrolliere man den Export sogenannter Dual Use-Güter, die zivil als auch militärisch verwendet werden können, entsprechend der Gesetzeslage.

Chinas Rolle mit Blick auf die Ukraine bestehe darin, Versöhnung zu fördern und Friedensverhandlungen voranzubringen. "Wir werden nicht weiter Öl ins Feuer gießen", erklärte Qin Gang nach der offiziellen Übersetzung.

Baerbock forderte China eindringlich auf, sich stärker als bisher beim russischen Präsidenten Wladimir Putin für ein Ende des Angriffskrieges in der Ukraine einzusetzen. Der Besuch von Präsident Xi Jinping in Moskau habe gezeigt, dass kein anderes Land mehr Einfluss auf Russland habe als China. "Die Entscheidung, wie es diesen Einfluss nutzt, berührt Europas Kerninteressen ganz unmittelbar", sagte Baerbock.

"Ein Mann kann den Krieg morgen beenden"

So wie China sich zwischen dem Iran und Saudi-Arabien erfolgreich für einen friedlichen Ausgleich engagiert habe, wünsche man sich, dass China auf Russland einwirke, um die Aggression in der Ukraine endlich zu beenden und sich an einer friedlichen Konfliktlösung zu beteiligen. "Ein Mann kann den Krieg morgen beenden", sagte Baerbock mit Verweis auf Putin. Sie verstehe nicht, wieso China bisher Russland nicht aufgefordert habe, den Krieg zu stoppen. Genauso entscheidend sei, "keine Waffenlieferungen an Russland zuzulassen, die diese Aggression weiter verlängern und auch zu verhindern, dass Dual Use-Güter für den Krieg genutzt werden".

Baerbock warnte China außerdem vor einem militärischen Konflikt mit Taiwan. Dies wäre ein "Horrorszenario", sagte Baerbock. "Eine Destabilisierung hätte Folgen für alle Länder, die Weltwirtschaft und auch für Deutschland", fügte sie hinzu. Eine Wiedervereinigung Chinas mit Taiwan durch Gewalt sei für Europa nicht akzeptabel, sagte Baerbock, die zugleich die Ein-China-Politik Deutschlands betonte. Ein Krieg würde "Schockwellen" senden und eine Weltwirtschaftskrise auch China und Deutschland treffen, sagte sie mit Hinweis auch auf die wirtschaftliche Bedeutung Taiwans etwa für die Chip-Industrie.

China sieht Unabhängigkeitsbestrebungen als "Wurzel der Probleme"

"Die zunehmenden Spannungen in der Taiwan-Straße beobachten wir mit großer Sorge", sagte Baerbock. Qin Gang warf ausländischen Regierungen vor, Separatisten auf Taiwan zu unterstützen, das Teil Chinas sei. Die Regierung in Peking dulde keine Einmischung in innere Angelegenheiten. Wenn andere Staaten den Ein-China-Grundsatz "wirklich respektieren", sollten sie die separatistischen Aktivitäten in Taiwan ablehnen. Die "ursprüngliche Wurzel der Probleme" seien die Unabhängigkeitsbestrebungen. China werde "keinen Zoll Territoriums preisgeben".

China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und Teil der Volksrepublik. Baerbock hatte bereits am Donnerstag betont, dass eine Eskalation zwischen China und Taiwan auch Deutschland angehe und auf die Auswirkungen für den Welthandel verwiesen. Sie reist nach ihren Gesprächen in Peking nach Südkorea und dann Japan weiter.

„Keine einheitlichen Standards" bei Menschenrechten

China will sich außerdem beim Thema Menschenrechte nicht belehren lassen. "Was China am wenigsten braucht, ist ein Lehrmeister aus dem Westen", sagte Qin Gang vor Journalisten. Er wies die zuvor von Baerbock geäußerte Kritik an der Menschenrechtslage in China zurück. Jeder Staat habe seine eigenen Gegebenheiten und kulturellen und historischen Hintergründe. Bei den Menschenrechten gebe es "keine einheitlichen Standards in der Welt."

Baerbock hielt Qin Gang allerdings entgegen, dass es durchaus "gemeinsame Standards" für die Menschenrechte in der Welt gebe - und erinnerte ihn an die UNO-Charta und die UNO-Menschenrechtskonvention. Darin stünden "universelle" Menschenrechte, an die alle UNO-Mitglieder gebunden seien.

Auf die Vorwürfe über eine Verfolgung besonders der muslimischen Uiguren in der Nordwestregion Xinjiang entgegnete Chinas Außenminister, es gehe dabei nicht um Menschenrechte, sondern um den Kampf gegen Radikalismus und Separatismus. Jetzt sei die Lage in Xinjiang aber "stabil". Die Menschen lebten ein "sehr glückliches Leben". Es gebe anti-chinesische Kräfte, die die Xinjiang-Frage benutzten, um Chinas Aufstieg in der Welt einzudämmen. Auch wollten sie die Situation in Xinjiang stören. Ausländische Kräfte sollten sich aus der Region heraushalten, forderte Qin Gang. (APA/Reuters/dpa)