Nagl-Arbeiten in Innsbruck zu sehen: Die Welt scheint den Atem anzuhalten
Die Arbeiten von Walter Nagl aus der Augsburger Sammlung Krings in der Innsbrucker Galerie Mathias Mayr.
Innsbruck –Am meisten freut sich Walter Nagl selbst über seine Ausstellung, hat der 84-Jährige die meisten der hier präsentierten Arbeiten doch seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Stammen die 45 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und drei Skulpturen doch aus der Augsburger Sammlung Krings, die nach dem Tod des Sammlerehepaares nun zum größten Teil im Kunsthandel gelandet ist.
Eine Sammlung, die eine höchst delikate ist, umfasst sie doch Beispiele aus diversen Phasen des Nagl’scben Œuvres. Die früheste Arbeit – eine „Kleine Sitzende“ in Bronze – ist 1972 entstanden, das jüngste Stillleben 2007. Der Augsburger Anwalt Klaus Krings hat die Kunst Nagls 1980 anlässlich einer Personale des scheuen Tiroler Künstlers in Augsburg zum ersten Mal gesehen und sich spontan in sie verliebt. Eine enge, bis zum Tod Krings’ vor etwa zehn Jahren gepflegte Freundschaft ist auf diese Weise entstanden. Was nicht zuletzt die hohe Qualität der Sammlung erklärt, hat Nagl seinem Freund doch Bilder gegeben, die er eigentlich nicht hergeben wollte. Sozusagen „Herzensbilder“ Nagls, Schlüsselwerke, die wichtig für seine Metamorphose als Künstler wie Mensch waren.
So macht die Ausstellung in der Galerie Mayr schön Nagls lebenslange Suche nach Authentizität sichtbar, sein nicht leichtes Sich-Lösen von übermächtigen Vorbildern, besonders von Paul Cézanne. Dessen große Ausstellung 1993 in der Kunsthalle Tübingen Walter Nagl in eine veritable Sinnkrise stürzte, er sich als Nichts angesichts des großen Meisters empfand. Um nach dem Durchtauchen dieser für ihn schmerzlichen Phase umso ambitionierter an seiner eigenen Handschrift zu feilen.
Um mehr und mehr zum Macher von Stillleben zu werden, auch wenn menschliche Körper oder Landschaften sein Thema waren. Die Welt scheint den Atem anzuhalten in diesen meist in Öl auf Leinwände oder Holz gemalten Bildern, der ehemals flirrende, leicht pastose Pinselstrich wird zunehmend flacher, parallel zu den Formen, die letztlich nicht viel mehr als delikat in der Fläche ausgebreitete Farbkürzel sind.
Nichts bleibt in diesen Bildfindungen dem Zufall überlassen, das Spiel mit Farben und Formen ist ein exakt kalkuliertes, atmosphärisch weit über den Bildrand ausschwingend. Die ersten drei Bilder, die Klaus Krings in der Augsburger Ausstellung von Walter Nagl gekauft hat, sind letztlich eine Deklination rund um die Farbe Weiß. Über dem Landschaftlichen scheint ein diffuser Schleier zu liegen, der sich erst in der Wahrnehmung des Bildbetrachters vage aufzulösen beginnt. In einem anderen Stillleben ist Nagls Bewunderung für den großen italienischen Stilisten Giorgio Morandi unübersehbar. Während ein ganz frühes, wunderbar malerisches Aquarell vorführt, wie schade es eigentlich ist, dass sich Walter Nagl dieser Technik praktisch lebenslang verschlossen hat. Warum auch immer. Allein die Bewunderung für den großen Tiroler Aquarellisten Anton Tiefenthaler kann es wohl nicht gewesen sein.