Schüsse auf Teenager an falscher Haustür: 84-Jähriger auf Kaution frei
Ein 16-Jähriger wird von zwei Schüssen getroffen, als er seine Geschwister abholen will und an der falschen Haustüre klingelt. Der 84-jährige Hausbewohner stellt sich, wird jedoch kurze Zeit später auf Kaution freigelassen. Der Staatsanwaltschaft spricht von Rassismus.
Kansas City – Ein 84-jähriger weißer Mann, der einen schwarzen Teenager vor seiner Haustür angeschossen haben soll, wurde wenige Stunden, nachdem er sich gestellt hatte, auf Kaution freigelassen. Das teilte das Büro des Sheriffs von Clay County am Dienstag mit. Andrew Lester war einen Tag zuvor wegen Körperverletzung ersten Grades angeklagt worden, was eine lebenslange Haftstrafe nach sich ziehen kann.
Der 84-Jährige hatte am vergangenen Donnerstag gegen 22 Uhr den 16-jährigen Ralph Yarl vor der Tür seines Hauses in einem Vorort angeschossen. Der Jugendliche war irrtümlich zu Lesters Haus gegangen, um seine jüngeren Geschwister abzuholen. Diese hatten sich in einem nahe gelegenen Haus mit ähnlicher Adresse aufgehalten. Yarl klingelte an der falschen Tür und wurde daraufhin angeschossen.
200.000 Dollar Kaution binnen Stunden hinterlegt
Lester wurde auch wegen bewaffneter krimineller Handlungen angeklagt, die mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden können. Die Kaution für Lester wurde auf 200.000 Dollar festgesetzt. Diese hinterlegte er nur wenige Stunden, nachdem er sich gestellt hatte, teilte das Büro des Sheriffs von Clay County am späten Dienstagnachmittag in den sozialen Medien mit.
"Ich kann Ihnen sagen, dass es in diesem Fall eine rassistische Komponente gab", sagte Staatsanwalt Zachary Thompson auf einer Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Anklage, ohne näher darauf einzugehen. Die Staatsanwaltschaft habe keine Anklage wegen Hassverbrechen erhoben, die in Missouri mit geringeren Strafen geahndet werden als die beiden Anklagen gegen Lester, fügte Thompson hinzu.
Schüsse in Kopf und Arm
Lester feuerte zwei Schüsse durch eine Glastür mit einem Kaliber-32-Revolver ab, so der Staatsanwalt. Yarl, der am Kopf und an einem Arm getroffen wurde, sei nicht über die Schwelle getreten, sagte Thompson. Der Staatsanwalt fügte hinzu, es habe nicht den Anschein, dass bei der Begegnung irgendwelche Worte gewechselt wurden.
Yarl selbst sagte der Polizei bei einer Befragung im Krankenhaus, wo er behandelt wurde, dass der Mann zu ihm gesagt habe: "Komm nicht hierher." Das berichteten lokale Medien unter Berufung auf Gerichtsdokumente. Der Teenager erholte sich ab Montag zu Hause, so seine Familie.
„Stand your Ground“
Missouri hat ein "Stand your Ground"-Gesetz, das Hausbesitzern erlaubt, sich mit körperlicher Gewalt gegen mutmaßliche Eindringlinge zu verteidigen. Das Gesetz besagt, dass eine Person nur dann tödliche Gewalt anwenden darf, wenn sie vernünftigerweise davon ausgeht, dass dies notwendig ist, um sich selbst oder eine andere Person vor dem Tod oder einer schweren Körperverletzung oder einer möglichen Straftat zu schützen.
Lee Merritt, ein Anwalt von Yarls Familie, sagte am Dienstag, das "Stand your ground"-Gesetz würde einen Hausbesitzer nur schützen, wenn er bedroht worden sei. "Das Gesetz schützt ihn unter diesen Umständen nicht", sagte Merritt in einem CNN-Interview. "Es ist unmöglich, Angst zu haben, wenn man das Kind ansieht", sagte die Tante des Teenagers, Faith Spoonmore, in demselben Interview. "In diesem Land sind wir seit Jahrzehnten – seit Hunderten von Jahren – konditioniert.“
Vorwurf des Rassismus
16-Jähriger in USA läutete an falscher Haustür und wurde angeschossen
Zahlreiche Prominente setzten sich in den sozialen Medien dafür ein, dass der 84-Jährige für die offensichtlich rassistische Tat zur Rechenschaft gezogen wird – darunter etwa Popstar Justin Timberlake und Hollywoodschauspielerin Halle Berry.(TT.com, APA/Reuters)