Außenpolitik andere Staaten

Erste Ausländer verlassen den Sudan

Rauch über Khartum
© APA

Eine Woche nach Beginn der Kämpfe im Sudan sind die ersten ausländischen Staatsangehörigen außer Landes gebracht worden. Im saudi-arabischen Jeddah kam am Samstag ein Schiff mit 50 eigenen Staatsbürgern "und einer Reihe von Staatsangehörigen befreundeter Länder" an, weitere sollten folgen, wie das Staats-TV in dem Königreich berichtete. Die Kämpfe im Sudan hielten trotz der Ankündigung einer Waffenruhe an.

In der Früh hatte die sudanesische Armee in Khartum mitgeteilt, die Evakuierung ausländischer Staatsbürger werde in den "kommenden Stunden" erfolgen. "Die USA, Großbritannien, Frankreich und China werden ihre Diplomaten und Staatsangehörigen mit ihren Militärflugzeugen evakuieren", erklärte die Armee. De-facto-Präsident und Oberbefehlshaber der Armee, Abdel Fattah al-Burhan, stimmte der Evakuierung von Bürgern und diplomatischen Vertretern zu.

Die USA, Südkorea und Japan haben bereits Streitkräfte in die Nachbarländer entsandt, um ihre Diplomaten und Staatsangehörigen aus dem Sudan zu evakuieren. Derzeit ist unklar, welche Flughäfen von der sudanesischen Armee und welche von den Paramilitärs kontrolliert werden.

Spanien schickte Medienberichten zufolge zwei Transportmaschinen der Luftwaffe für die Evakuierung seiner Staatsbürger und einiger anderer Europäer und Lateinamerikaner nach Afrika. Einer der beiden Militärtransporter von Typ A400M sei bereits in Dschibuti am Horn von Afrika gelandet, berichteten der staatliche TV-Sender RTVE und andere spanische Medien am Freitag.

Eine dritte Maschine desselben Typs sei in Spanien in Bereitschaft. Jedes der Militärflugzeuge könne mehr als 100 Menschen transportieren. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Dschibuti liegt knapp 1.200 Kilometer südöstlich von Khartum.

Im Sudan liefern sich Einheiten der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz seit einer Woche erbitterte Kämpfe. Zuvor war eine Einigung zur Eingliederung der Miliz Rapid Support Forces (RSF) in die Streitkräfte gescheitert. Bei den Auseinandersetzungen wurden nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits mehr als 400 Menschen getötet und mehr als 3500 weitere verletzt. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weit höher liegen.

Die RSF hatte am Freitag bekanntgegeben, dass sie zum Fest Eid al-Fitr zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan einem dreitägigen Waffenstillstand zugestimmt habe, zu dem UN-Generalsekretär António Guterres und US-Außenminister Antony Blinken aufgerufen hatten.

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Er habe mit Guterres "über die aktuelle Krise" gesprochen und konzentriere sich nun auf den "humanitären Waffenstillstand, sichere Korridore und den Schutz der humanitären Helfer", erklärte RSF-Anführer Mohamed Hamdan Daglo.

Am Freitagabend warf die Armee unter Abdel Fattah al-Burhan dann der RSF vor, Angriffe in der Nachbarstadt von Khartum, in Omdurman, verübt zu haben. Dort sei "eine große Anzahl von Insassen" aus einem Gefängnis befreit worden, was die Miliz allerdings zurückwies.

Kämpfe gab es nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) auch in der Region Darfur. Ihre Sanitäter seien in der dortigen Stadt El Fasher von der Anzahl der Patienten mit Schusswunden, darunter viele Kinder, "überwältigt" gewesen, erklärte die Organisation.

Die Kämpfe sind das Ergebnis eines tiefen Risses zwischen der Armee und den paramilitärischen Kräften, die 2013 von dem Langzeit-Herrscher Omar al-Bashir gegründet worden war. Armeechef al-Burhan und RSF-Anführer Daglo waren nach der Machtübernahme 2019 zunächst Verbündete.

Auch die gegnerische paramilitärische RSF, die seit einer Woche offen gegen die sudanesische Armee kämpft, sagte in einer Mitteilung, sie sei "zu einer kompletten Feuerpause" während einer vereinbarten Waffenruhe bereit, um Evakuierungen zu ermöglichen. Vereinbarte Feuerpausen wurden bisher jedoch immer wieder gebrochen.

Auch eine jordanische Delegation solle später am Samstag aus Port Sudan ausgeflogen werden. Zwischen Khartum und Port Sudan liegen knapp 850 Kilometer. Nach Angaben des saudischen Fernsehsenders Al-Arabia brachten zudem fünf saudische Schiffe 158 Menschen aus dem Sudan in den saudischen Hafen Jeddah am Roten Meer.

Laut dem saudischen Außenministerium waren Diplomaten und Bürger aus Saudi-Arabien, Bulgarien, Kanada, Katar, Kuwait, Ägypten, Tunesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien, Pakistan, Burkina Faso und den Philippinen an Bord der Schiffe.

Nach einer kurzen Feuerpause über Nacht gingen die Kämpfe weiter. Am Samstag früh sei die Hauptstadt Khartum erneut bombardiert worden, sagte ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort. Auch Schüsse waren demnach zu hören. Augenzeugen berichteten auf Twitter von Explosionen in Khartum.

Eine Feuerpause, die die Konfliktparteien am Freitag aufgrund der Feierlichkeiten zum Ende des Fastenmonats Ramadans vereinbart hatten, habe großteils in der Nacht gehalten, sagte der Reporter. Es sei lediglich zu "sporadischen Auseinandersetzungen" gekommen.

Der Flughafen in Khartum steht seit Beginn des Konflikts im Zentrum der Kampfhandlungen und ist deshalb unzugänglich. Diplomaten bemühen sich seit Tagen um eine belastbare Feuerpause für die Evakuierung.

Die Armee habe die Kontrolle über alle Flughäfen im Land, außer denen in Khartum und der Stadt Njala in der Region Süd-Darfur, sagte Al-Burhan dem Sender Al-Arabia live per Telefon. Er habe weiterhin die Kontrolle über die Armee und werde seinen Rivalen und ehemaligen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der Rapid Support Forces (RSF), "nur im Sarg" davonkommen lassen, so Al-Burhan.

Die US-Botschaft in Khartum teilte am Samstag mit, die anhaltenden Kämpfe und Schließung des Flughafens in der Hauptstadt machten es derzeit nicht möglich, private US-Bürger zu evakuieren. Die Botschaft beobachte weiterhin genau die Situation in Khartum und den umliegenden Gebieten, hieß es in einer Mitteilung. Abgesehen von Gefechten gebe es aktuell Berichte über Überfälle, das Eindringen in Häuser und Plünderungen.

Zudem habe die Botschaft "unvollständige Informationen" über Konvois erhalten, die von Khartum in Richtung Port Sudan unterwegs seien, hieß es weiter. Die Botschaft sei nicht in der Lage, Konvois zu unterstützen. Eine Mitreise erfolge daher auf eigene Gefahr.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte am Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz, es gebe angesichts der weiterhin unklaren Sicherheitslage zunächst noch keine Entscheidung über eine mögliche Evakuierung von US-Diplomaten. Streitkräfte seien in die Region verlegt worden, um sicherzustellen, dass die USA im Falle einer Anordnung "so viele Optionen wie möglich" hätten. Das Pentagon verfolge die Lage weiterhin sehr genau und stimme sich mit dem US-Außenministerium ab.

Trotz der verheerenden Lage im Land sprach der UNO-Sonderbeauftragte im Sudan, Volker Perthes, den Sudanesen zum islamischen Fest des Fastenbrechens (Eid al-Fitr) Mut zu. Er hoffe, dass das Land die Krise überwinden werde, teilte Perthes am Freitag mit. Der Diplomat ist seit 2021 Leiter einer UN-Mission, die den Sudan beim politischen Übergang zu einer Demokratie unterstützen soll.

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