Ukraines Militärgeheimdienst erwartet Sieg bis Jahresende
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hält eine Rückeroberung des gesamten von Russland besetzten Staatsgebiets in diesem Jahr "durchaus" für möglich. Man könne "diesen Krieg nur auf einem Weg beenden, durch die Wiederherstellung der Grenzen" von 1991, sagte der 37-Jährige in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina vom Montag. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versprach, die umkämpfte Stadt Bachmut weiter zu verteidigen.
"Es ist unmöglich für uns, Bachmut aufzugeben", sagte Selenskyj dem Nachrichtensender Al-Arabiya. Ein Rückzug "würde die Kampffront erweitern und den russischen Streitkräften und Wagner die Möglichkeit geben, mehr von unserem Land einzunehmen", sagte er in dem am Sonntag veröffentlichten Interview.
"Die Ukraine wird niemals darauf eingehen, irgendeinen Teil des Staatsgebiets abzugeben", erklärte Budanow. Die seit längerem erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive befinde sich weiter in der Vorbereitung. "Ich denke, dass bei dieser Operation ein ausreichendes Gebiet zurückerobert werden wird", sagte der Geheimdienstler. Zu den Stoßrichtungen machte er keine Angaben. Aktuell würde sich der russisch-ukrainische Krieg in Fußballsprache ausgedrückt zwischen Minute 72 und 75 befinden. Ob es zu einer Nachspielzeit und einem Elfmeterschießen kommen werde, wagte er nicht zu prognostizieren. "Das kann nur Gott allein wissen." Zugleich schloss er einen russischen Atomschlag im Fall einer Rückeroberung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim aus.
Der Chef der russischen Wagner-Söldner Jewgeni Prigoschin drohte indes damit, künftig keine Gefangenen mehr zu machen und alle ukrainischen Soldaten zu töten. "Wir werden einfach alle auf dem Schlachtfeld vernichten", sagte Prigoschin. Er begründete dies mit einem angeblich abgefangenen Funkspruch der Ukrainer, in dem diese die Erschießung verletzter Wagner-Söldner besprechen. Prigoschin warf Kiew die Verletzung des Völkerrechts vor. Sobald eine Seite Kriegsgefangene genommen habe, sei sie für deren Versorgung und Sicherheit verantwortlich, sagte der 61-Jährige. Da er sich daran halte, werde er künftig keine Kriegsgefangenen mehr machen. "Wir werden alle, die auf dem Schlachtfeld sind, töten und keine Gefangenen mehr nehmen", so der kremlnahe Unternehmer am Sonntag auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes.
Russland hat vor 14 Monaten seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Die Söldnertruppe Wagner kämpft an der Seite regulärer Truppen im Nachbarland und ist seit Monaten vor allem im Raum Bachmut aktiv. Dort laufen die derzeit schwersten und blutigsten Kämpfe in der Ukraine mit hohen Verlusten auf beiden Seiten.
Russland treibt nach britischer Einschätzung die "Russifizierung" der besetzten Gebieten in der Ukraine voran. So werde die Bevölkerung gezwungen, russische Pässe zu akzeptieren, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. "Bewohner im Gebiet Cherson wurden gewarnt, dass diejenigen, die bis zum 1. Juni 2023 keinen russischen Pass angenommen haben, "deportiert" würden und ihr Besitz beschlagnahmt", hieß es. Die bürokratische Integration solle vor allem im Hinblick auf die russische Präsidentschaftswahl 2024 helfen, die Invasion als Erfolg darzustellen. Russland hatte die teilweise besetzten ukrainischen Gebiete Saporischschja, Cherson, Donezk und Luhansk nach Scheinreferenden für annektiert erklärt.
Die russische Schwarzmeerflotte hat Montagfrüh unterdessen laut dem Gouverneur einen Drohnenangriff auf die Krim-Hafenstadt Sewastopol abgewehrt. "Nach neuesten Informationen wurde eine Überwasserdrohne zerstört ... die zweite explodierte von selbst", schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Stadt, Michail Raswoschajew, auf seinem Telegram-Kanal. "Jetzt ist die Stadt ruhig." Es seien keine Schäden gemeldet worden, fügte er hinzu.
Russische Sicherheitsorgane fanden nach Medienangaben nahe der Hauptstadt Moskau eine mit Sprengstoff gefüllte abgestürzte Kampfdrohne in einem Waldstück. Der Flugapparat sei in der Nähe einer Gartenanlage nordöstlich von Moskau entdeckt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur TASS am Montag unter Berufung auf Sicherheitskreise. "Derzeit wird die Drohne untersucht und dabei festgestellt, wer sie gestartet hat und wohin sie flog", sagte ein Sprecher.