Preissteigerungen bei Lebensmitteln: Handel weist Rauch-Kritik zurück
Der Handelsverband sieht die Schuld an hohen Preisen bei anderen Branchen. Deutliche Unterschiede gibt es zwischen Österreich und Deutschland.
Wien – Für Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sind die hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln „nicht nachvollziehbar“ – er will deshalb Vertreter des Lebensmittelhandels und Experten zu einem Gespräch einladen (die TT berichtete). Der Handelsverband weist in einer Aussendung die Kritik an starken Preisaufschlägen bei Lebensmitteln zurück. Die Preise seinen zwar deutlich gestiegen, daran seien aber nicht die Lebensmittelhändler schuld, so Verbandsgeschäftsführer Rainer Will.
Der heimische Lebensmittelhandel agiere inflationsdämpfend und habe im letzten Jahr sogar ein reales (inflationsbereinigtes) Umsatzminus von 3,2 % erwirtschaftet. Man müsse Ursache und Wirkung unterscheiden. „Ursache“ seien neben den gestiegenen Finanzierungskosten und deutlichen Lohnerhöhungen vor allem die hohen Energiekosten, so Will. Gerade internationale Markenartikelproduzenten, die zuletzt vielfach zweistellige Gewinnmargen realisiert hätten, aber auch Molkereien und Bündelbetriebe aus der landwirtschaftlichen Produktion müssten zu einem klärenden Austausch im Kontext der gegenwärtigen Situation eingeladen und einbezogen werden, führt der Handelsverband weiter aus. Die Branchenvertreter verweisen auch auf eine Studie der Agenda Austria, wonach die Lebensmittelpreise in Österreich im Jahresabstand weniger stark gestiegen sind als in den meisten anderen EU-Ländern – der Preisanstieg um 14,6 % bei Lebensmitteln war demnach deutlich geringer als etwa in Deutschland, aber auch weniger als in den Nachbarländern Ungarn, Slowakei, Tschechien oder Slowenien.
Mit Blick auf die absoluten Zahlen relativiert sich das Bild allerdings. Eine neue Studie des Centre for Economic Policy Research (CEPR) hat nachgewiesen, dass die Lebensmittelpreise in Österreich im Schnitt um rund 13 % höher sind als in Deutschland. Lässt man die etwa 14 % aller Produkte außer Acht, die in beiden Ländern gleich viel kosten, so liege der Aufschlag am häufigsten zwischen 15 und 18 %. Es gebe einen klaren „Grenzeffekt“ und eine Profitmaximierung des grenzüberschreitenden Preisunterschieds.
Der Handelsverband wiederum sieht nur eine Möglichkeit, um die Preise wieder zu senken: „Ein treffsicherer Energiekostenzuschuss.“ Die Handelsbetriebe blieben aktuell auf den höheren Energiekosten sitzen, da der Energiekostenzuschuss 1 „de facto ein reiner Industriekostenzuschuss“ gewesen sei. (TT)