Moskau bereitet sich auf Kampf um AKW vor: Stellungen auf Reaktoren-Dächern
Russland erwartet zudem eine baldige ukrainische Gegenoffensive in der stark umkämpften Stadt Bachmut. Indes wirbt der Kreml mit einer großangelegten Kampagne um Freiwillige für das Heer.
Bachmut – Die russischen Besatzungstruppen in der Ukraine bereiten sich nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten auf Kämpfe um das Atomkraft Saporischschja vor. Auf Satellitenbildern sei zu sehen, dass auf den Dächern der Reaktoren teilweise Verteidigungsstellungen mit Sandsäcken geschaffen wurden, hieß es am Donnerstag. Eine ukrainische Gegenoffensive in Bachmut steht nach den Worten des Chefs der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, kurz bevor.
"Heute marschieren bereits gut ausgebildete feindliche Einheiten in Bachmut ein (...) Eine Gegenoffensive der Ukrainer ist unvermeidlich", sagt Prigoschin in einer Videobotschaft. Seine Streitkräfte würden um jeden Preis vorrücken, um die ukrainische Armee "zu zermalmen".
Risiko an Schäden am AKW erhöht
Im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London hieß es zu Saporischschja: "Russland hat diese Stellungen wahrscheinlich errichtet, weil es zunehmend besorgt ist über die Aussicht auf eine große ukrainische Offensive." Der Schritt erhöhe das Risiko von Schäden am Sicherheitssystem des Atomkraftwerks, sollten dort Kämpfe stattfinden. Katastrophale Schäden an den Reaktoren seien aber in den meisten plausiblen Szenarien mit Infanterie-Waffen unwahrscheinlich, weil die Gebäudestrukturen sehr gut bewehrt seien.
Separat erklärt der Sprecher der Heeresgruppe Ost der ukrainischen Streitkräfte, Serhij Tscherewatyj, dass die russischen Streitkräfte in den vergangenen 24 Stunden 324 Mal mit Artillerie und Mehrfachraketenwerfern angegriffen hätten. "Die Russen zerstören Gebäude in Bachmut, um unsere Soldaten daran zu hindern, sie als Verteidigungsanlagen zu nutzen." Das ukrainische Militär hat sich bisher nicht zu einer erneuten Gegenoffensive geäußert.
📽️ Video | Ukraine bereitet sich auf Offensive vor
Indes ist nach Behördenangaben bei einem russischen Angriff auf die südukrainische Stadt Mykolajiw mindestens ein Mensch getötet worden. "Bis jetzt wissen wir von 15 Verletzten und einem Toten", sagte der Leiter der regionalen Militärverwaltung, Vitali Kim, . Bürgermeister Oleksandr Senkewytsch berichtete von vier Explosionen. Eine Rakete habe ein Hochhaus getroffen, eine andere sei in einem Privathaus eingeschlagen. (APA/dpa/Reuters/AFP)
Freiwilligen-Kampagne: Moskau lockt "echte Männer" an die Front
"Du bist ein Mann. Sei einer!" Mit diesem Slogan wirbt Moskau um Freiwillige für den Einsatz in der Ukraine. Die neue Kampagne des Verteidigungsministeriums ist allgegenwärtig. Ob am Straßenrand, in Schaufenstern, an Bushaltestellen oder in den Online-Medien - überall werden Männer dazu aufgefordert, der Armee beizutreten.
Auf den Plakaten sind keine Kampfszenen zu sehen, der Konflikt in der Ukraine scheint weit weg. "Unser Job: das Vaterland verteidigen", steht auf einem Foto dreier Soldaten unter weitem blauen Himmel. "Eine ehrenvolle Aufgabe und ein anständiges Gehalt", lautet ein anderer Werbespruch.
Ein mit dramatischer Musik unterlegtes Video ging auf russischen Plattformen viral. Es zeigt einen Taxifahrer, einen Wachmann und einen Fitnesstrainer in ihrem tristen Alltag, dazu die Frage: "Ist das wirklich der Weg, den du wählen wolltest?" Am Ende laufen die drei bewaffnet und in Kampfmontur durch den Nebel.
Ziel der Kampagne ist es, die Reihen zu füllen angesichts der von Kiew angekündigten großen Gegenoffensive – und das ohne eine weitere unpopuläre Zwangsmobilisierung wie im September.
Lukrative Verträge
Wie viele Soldaten rekrutiert werden sollen, sagen die Behörden nicht. Schätzungen russischer Medien gehen von mehreren hunderttausend Männern aus. Lukrative Verträge winken. Auf der Website der Moskauer Stadtverwaltung wird Rekruten, die in der Ukraine eingesetzt werden, ein monatlicher Sold von mindestens 204.000 Rubel (2.260 Euro) versprochen - das ist mehr als das Zehnfache des Mindestlohns. Für die Teilnahme an Offensiven ist eine tägliche Prämie von 8.000 Rubel angesetzt, sowie 50.000 Rubel für jeden eroberten Kilometer beim Einsatz an vorderster Front.
In Moskau wird älteren Eltern von Rekruten zudem häusliche Pflege angeboten und für Kinder soll es kostenlose Krippenplätze geben. Im Todesfall würde die Familie mit mehreren Millionen Rubel entschädigt, so das Versprechen.
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