Leipziger Buchmesse endet: Gasser vom Gastland-Auftritt "berauscht"
Der österreichische Gastland-Auftritt unter dem Motto "Mea ois wia mia" (Mehr als wir) zog in den vergangenen Tagen viel Aufmerksamkeit auf sich.
Leipzig – Die Leipziger Buchmesse, die nach drei Corona-Jahren heuer das erste Mal wieder in gewohnter Form stattgefunden hat, ist am Sonntagnachmittag zu Ende gegangen. Der österreichische Gastland-Auftritt unter dem Motto "Mea ois wia mia" (Mehr als wir) zog dabei viel Aufmerksamkeit auf sich. Für den Präsidenten des Buchhandels-Hauptverbands Benedikt Föger war es ein "Fest nicht nur der Literatur und Kunst, sondern auch der Pflege alter und der Entstehung neuer Kontakte".
Katja Gasser, die den Auftritt als Künstlerische Leiterin verantwortet hat, zeigte sich im APA-Gespräch "überwältigt, obwohl ich nicht zum Überwältigtwerden neige". So freute sie sich über den "großen Zuspruch und das Interesse des Publikums", das am Gastland-Stand über die vergangenen vier Tage sichtbar war. Alexander Potyka, Vorsitzender des Österreichischen Verlegerverbandes, zeigte sich ebenfalls mehr als zufrieden: "Die Resonanz auf unseren Auftritt hat unsere unbescheidenen Erwartungen deutlich übertroffen." Für Österreichs Verlage werde der "enorme Zuspruch eine Ermutigung sein, auch in den nächsten Jahren selbstbewusst an der Verösterreicherung der deutschsprachigen Buchwelt zu arbeiten". Auch Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse, zeigte sich in einer Aussendung "tief beeindruckt".
Nicht nur die zahlreichen Veranstaltungen waren stets gut besucht, auch die Präsentation von heimischen Büchern und Verlagen zog viele Interessierte an. Auch das Rahmenprogramm in der Festival-Zentrale in der Schaubühne Lindenfels fand allabendlich großen Anklang. "Ich habe im Vorfeld immer gesagt, ich wünschte, uns gelänge damit ein Fest der Freiheit der Kunst. Und ich glaube, es ist uns gelungen", so Gasser. Das unkonventionelle Finale in der Schaubühne hatten am Samstagabend Christoph Grissemann mit seiner "Thomas Bernhard Machine" sowie im Anschluss im Duo mit Dirk Stermann mit einer schrägen Gala beschlossen.
Auch politische Töne wurden im Rahmen des Gastland-Auftritts angeschlagen. So freute sich Doron Rabinovici am Donnerstag bei der Eröffnung des Gastland-Standes, dass man in Leipzig mit dem Motto "meaoiswiamia" "dem einschlägigen Schlachtruf 'miasanmia' entgegenschallen" werde. Im Zuge dessen nahm er auch Bezug auf die jüngste ÖVP-FPÖ-Koalition in Niederösterreich: "In dem nicht immer gar so gastlichen Gastland werden wieder Koalitionen geschlossen mit Politikern, die Lieder zu singen wissen, von der siebenten Million vergaster Juden, die es noch zu schaffen gilt." Rabonovici ging angesichts der beschlossenen Einstellung der Printausgabe der "Wiener Zeitung" auch auf die österreichische Medienpolitik ein, im Messeradio "Literadio" gab es eine von IG Autorinnen Autoren-Chef Gerhard Ruiss initiierte Schweigeminute für die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt.
Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), ein wesentlicher Motor hinter dem Leipziger Auftritt, sprach am Ende in einer Aussendung von einem "persönlichen Herzensprojekt", das aber deshalb nicht weniger ein kulturpolitisches Anliegen gewesen sei. "Bücher öffnen Fenster in die Welt, sie sind damit vor allem für junge Menschen einer der ersten und besten Wege, Kunst und Kultur zu erleben – und deshalb ein ganz besonders wichtiger Fokus für die Kulturpolitik." Der Gastland-Auftritt wurde vom Bund mit bis zu 2,2 Mio. Euro unterstützt. "Wir wollen Ihnen zeigen, dass man mit Büchern aus Österreich nicht nur ins tiefe und ins unentdeckte Österreich vordringen, sondern dass man mit unserer Literatur um die ganze Welt und überall hinreisen kann." Bei der Messe-Eröffnung am Vorabend hatte sich Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit launigen, im Plauderton gehaltenen Betrachtungen über Dialekt und Hochsprache viele Lacher geholt.
Österreichische Autoren im Zentrum
Im Zentrum standen im Laufe der vier Messetage jedoch die österreichischen Autorinnen und Autoren, von denen rund 200 angereist waren. Sie lasen und diskutierten im Rahmen von 170 Veranstaltungen auf diversen Bühnen, während sich 64 Verlage mit Einzelständen präsentierten. Rund 60 Verlage fanden sich beim Gemeinschaftsstand der IG Autorinnen Autoren, am Gemeinschaftsstand des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels (HVB) waren ebenfalls über 60 Verlage präsent. Der Gastland-Stand war stets umlagert - der Bühne wegen, auf der fast rund um die Uhr gelesen und diskutiert wurde, aber natürlich auch des integrierten Kaffeehauses wegen.
Für die Verlegerinnen und Verleger war es heuer ganz besonders intensiv. "Wir sind superfroh, wie diese vier Tage vonstatten gegangen sind, es ging uns ehrlich gesagt fast zu schnell, wir hätten noch einen Tag schön gefunden, weil wir so tolle Begegnungen hatten", freute sich etwa Roxana Höchsmann, Sprecherin von Kremayr & Scheriau. Der Gastland-Auftritt habe dem Verlag noch mehr Publikum gebracht als in den vorherigen Jahren, vor allem nach Lesungen ihrer Autorinnen sei der Stand vermehrt frequentiert worden, obwohl sich der Stand in einer anderen Halle befand als die Gastland-Bühne.
Zum ersten Mal in Leipzig war die Edition Atelier, die sehr viele Bücher direkt am Stand verkauft hat. Nach der mehrjährigen Durststrecke sei der Bedarf an neuem Lesestoff spürbar gewesen, so Verlagsleiter Jorghi Poll im APA-Gespräch. Harald Gschwandtner, Sprecher von Jung und Jung, fand es vor allem amüsant, dass er sehr vielen Menschen "meaoiswiamia" in unterschiedliche Sprachen übersetzen musste. Die Nachfrage nach österreichischer Literatur sei heuer besonders groß gewesen. "Ich freue mich jetzt aber gleichzeitig wieder darauf, wieder nach Österreich als tatsächliche geografische Region zurückzukehren ..." (APA)