Kuchenposse wegen EU-Vorschrift: Verzehr nur „auf eigenes Risiko“
Ein Verein steckt viel Geld in den Betrieb des Botanischen Gartens in Solingen. Doch der Verkauf selbst gebackener Kuchen, der Einnahmen in die Kasse bringt, verstößt nach Angaben der Stadt gegen eine EU-Vorschrift.
Solingen – Auf kreative Weise hat der Verein Botanischer Garten in Solingen auf ein Verbot für den Verkauf seiner selbst gebackenen Kuchen reagiert: Die Torten ehrenamtlicher Helfer werden mit einem kleinen grünen Fähnchen gekennzeichnet. Außerdem warnt am Eingang des vom Verein betriebenen Kiosks ein Schild die Kunden "Der Verzehr erfolgt auf eigenes Risiko." So laufe der Verkauf wieder hervorragend, sagte Vereinsvorstand Harro Hieronimus der dpa. Manche Kunden fragten sogar extra nach den selbst gebackenen Apfel- und Käsekuchen.
Am Sonntag zeigte sich durch eine Dutzende Meter lange Schlange vor dem Kuchenstand deutlich, wie gut die Idee bei den Menschen ankommt. "Wir sind sehr glücklich, dass wir diese Regelung gefunden haben und jetzt können wir auch wieder unseren Besucherinnen und Besuchern im Botanischen Garten den selbst gebackenen Kuchen anbieten, der so sehr geliebt und gewünscht wird", so Vereins-Vize Matthias Nitsche.
Der Verein mit seinen rund 500 Mitgliedern ist Mitbetreiber des Botanischen Gartens – einer Hauptattraktion der Stadt mit weit über 100.000 Besuchern im Jahr. Die Pacht an die Stadt plus Neben- und Stromkosten betrage zwischen 45.000 und 65.000 Euro im Jahr, sagt Hieronimus. Die Kioskeinnahmen trügen erheblich dazu bei, die Summe aufzubringen. "Und bei selbst gemachten und gespendeten Kuchen unserer Mitglieder ist natürlich die Gewinnspanne höher als bei zugekauften Kuchen."
Privatkuchen darf wegen Hygienevorschrift nicht angeboten werden
Im vergangenen Herbst hatte der Verein aber einen Brief vom Lebensmittelüberwachungsamt bekommen. Der Kiosk biete innerhalb der Saison regelmäßig an Sonn- und Feiertagen Kuchen an und sei damit als Gewerbe einzustufen – einschließlich der Hygienevorschriften der EU, erläuterte Stadtsprecherin Sabine Rische. Damit fielen Privatküchen durchs Raster – ein schwerer Schlag für den Verein.
Das Verkaufsverbot für Selbstgebackenes hatte in der Stadt für einen Aufschrei gesorgt, dann habe der Solinger Rechtsdezernent nach gründlicher Abwägung aber die Lösung mit dem Warnhinweis entdeckt, sagte die Sprecherin. Damit erfolge der Verzehr auf eigene Gefahr. Der Verkauf verstoße so zwar weiter gegen EU-Recht, könne aber unter Hinweis auf die Eigenverantwortung der Bürger von der Kommune geduldet werden, sagte sie.
Künftig also keine Hindernisse mehr für das Solinger Kuchenglück von privater Hand: Am nächsten Wochenende plant der Verein seinen großen Garten- und Blumentag. Bei gutem Wetter gehen da 50 bis 60 Kuchen über die Kiosk-Theke, sagte Hieronimus. (dpa)