Wohin auswandern? Kneissl rät zu Libanon
Die frühere FPÖ-Außenministerin sorgt mit Postings in sozialen Netzwerken für Kopfschütteln.
Wien – Karin Kneissl hat schon bessere Zeiten erlebt. Der „politische Flüchtling“, wie sie sich nennt, musste nicht die gefährliche Fahrt in einem Schlauchboot auf dem Mittelmeer erleiden, bis sich ein Rettungsschiff erbarmte. Nein, die frühere Außenministerin zog aus Österreich aus und ließ sich zuerst in einem Dorf in der südfranzösischen Provence nieder. Sie habe Österreich „aufgrund der vielen Anfeindungen und des De-facto-Arbeitsverbots“ verlassen müssen, sagte sie einmal in einem TV-Interview. „Ich musste flüchten, ich bin nicht freiwillig weg.“
Mittlerweile ist sie weitergezogen – in den Libanon. Das ist kein Geheimnis, wie Interessierte wissen. Denn Kneissl twittert fleißig, gibt tiefen Einblick in ihr Leben – und sorgt regelmäßig auch für Kopfschütteln mit ihren Postings. Dieser Tage fragte ein Nutzer in die Runde, wohin man eigentlich noch auswandern könne. Kneissls Tipp aus dem krisengebeutelten Libanon in das sichere Österreich: „Es ist zwar knallhart, täglicher Kampf, Wasser und Stromversorgung, Dauerstreik etc aber trotz aller Probleme bin ich fast erleichtert, im Libanon zu sein. Alles viel normaler, freier und auch sicherer. Verrückt!“
Ein „täglicher Kampf“ scheint es tatsächlich zu sein, wie eine aktuelle Aussendung von Kathpress zeigt. „Die christlichen Gemeinschaften in Syrien und dem Libanon stehen unter starkem Druck, viele Menschen wollen ihre Heimat verlassen“, zitiert Kathpress den Leiter des Teams International Projects bei den Päpstlichen Missionswerken Österreichs.
Die frühere Diplomatin beschwert sich auch darüber, dass in „vielen westlichen Gesellschaften (...) jede ernsthafte Debatte verschwunden“ sei. Im Osten gebe es mehr Freiheit, „an den Universitäten in Istanbul, Moskau und Beirut, Neu-Delhi usw. gibt es mehr Freiheit und mehr Substanz“, sagt sie. Diametral anders dürften das die 14 Studierenden der Istanbuler Bogazici-Universität sehen, die wegen Protesten gegen den türkischen Präsidenten kürzlich zu Haftstrafen verurteilt worden sind.
Kneissl war im Dezember 2017 auf einem FPÖ-Ticket als Außenministerin nominiert worden. Ihre Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin sorgte für viel Kritik. Kneissl hatte 2018 den Kremlchef gar zu ihrer Hochzeit in der Steiermark eingeladen und nach einem Tanz sogar einen tiefen Knicks vor ihm gemacht. Die Bilder davon gingen um die Welt. Mittlerweile ist sie als regelmäßige Kolumnistin für den staatsnahen russischen Sender RT tätig und hält Vorträge. Ihren Posten im Aufsichtsrat des russischen Mineralölkonzerns Rosneft hat sie inzwischen verlassen.