Deutlich über Eurozone

Wifo-Chef warnt heimische Politik bei Inflation vor Südeuropa-Szenario

Felbermayr fordert Handeln.
© APA/HERBERT NEUBAUER

Lasse man "die Sache laufen", ergehe es Österreich wie den "Südländern" der Eurozone nach dem Euro-Beitritt. Eine Inflationsanpassung von Arbeitslosengeld und Notstandhilfe wäre denkbar.

Wien – Wifo-Chef Gabriel Felbermayr warnt die heimische Politik, die Folgen der hohen Inflation zu unterschätzen. Lasse man „die Sache laufen, ergehe es Österreich wie den „Südländern“ der Eurozone nach dem Euro-Beitritt“, schrieb Felbermayr am Dienstag auf Twitter. Damals seien dort die Preise jenen der Nordländer davongelaufen, mit den bekannten desaströsen Folgen.

Die Inflation werde in den nächsten Monaten zurückgehen. Sie gehe nicht schnell genug zurück und der Abstand zur Eurozone werde groß bleiben, meinte Felbermayr im Ö1-Mittagsjournal. Deswegen sei der Handlungsbedarf in Österreich jetzt größer als vor einem halben oder dreiviertel Jahr. Eine Inflationsanpassung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe – wie etwa von der Armutskonferenz – gefordert ist für Felbermayr denkbar.

„Es ist wichtig, dass der Sozialstaat in seinen Ausprägungen mit den direkten Effekten der Inflation umgehen kann. Die Inflation soll nicht auf Kosten der Schwächsten ausgetragen werden. Das widerspricht den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft“, sagte der Wifo-Direktor. Er verwies auch darauf, dass in Österreich die Teuerung in den letzten vier Monaten um 2,5 Prozentpunkte über dem Eurozonen-Durchschnitt liegt. In der ersten Phase der „Teuerungskrise“ sei sie unter Eurozonen-Schnitt gelegen. Der Inflationsunterschied zur Eurozone sei nicht nur getrieben von Energie, wo in Österreich die Weitergabe langsamer sei, sondern vor allem durch Dienstleistungen.

Was immer man tut, es darf nicht schuldenfinanziert sein, sonst kannibalisiert man die Wirkung der Maßnahmen gleich wieder.
Gabriel Felbermayr (Wifo-Direktor)

Felbermayr fordert rasch Maßnahmen im Kampf gegen die hohe Inflation, unter anderem einen Gebührenstopp im öffentlichen Sektor, Druck auf die E-Wirtschaft und eine Transparenzinitiative. Die Absenkung der Mehrwertsteuer sei nur die „Ultima Ratio“. „Was immer man tut, es darf nicht schuldenfinanziert sein, sonst kannibalisiert man die Wirkung der Maßnahmen gleich wieder“, betonte der Wifo-Chef.

Indessen kündigte der Geschäftsführer des Handelsverbandes, Rainer Will, am Montag an, dass Spar, Rewe, Hofer und Lidl Österreich künftig für „die Dauer der Inflationskrise“ eine Liste mit den Verkaufspreisen der 20 bis 30 günstigsten Preiseinstiegsprodukte regelmäßig an das Sozialministerium übermitteln würden. (APA,TT)

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