Handelskammern wehren sich gegen Slot-System: „Wir wollen nicht alles aushebeln“
Die Handelskammern Bozen und Trient lehnen ein Slot-System für den Lkw-Transit ab. Fahrverbote und RoLa-Förderungen stehen unter Beschuss.
Bozen – Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, der Schutz der Umwelt und der Bevölkerung. All diese Ziele könnten auch die Handelskammern Bozen und Trient unterschreiben. Von der EU-Kommission, von Österreich und letztlich von Tirol fordert Michl Ebner allerdings „zum x-ten Male Lösungen ein, die eine Gleichberechtigung wiederherstellen“. Denn gerade den Gleichheitsgrundsatz, so der mächtige Präsident der Handelskammer Bozen, würden die bestehenden Lkw-Beschränkungen in Tirol verletzen. Spätestens seit dem Jahre 2020 – mit den sich sukzessive verbesserten Luftwerten in Tirol – seien „die Maßnahmen nicht mehr rechtlich gedeckt“. Weder habe man aber Interesse an einem Streit mit dem nördlichen Nachbarn, noch wolle man alle Fahrverbote aushebeln, so Ebner: „Es müssen aber die gleichen Voraussetzungen für alle gelten.“
In Bozen präsentierten u. a. Ebner als auch der Direktor der In-House-Gesellschaft Uniontrasporti, Antonello Fontanili, gestern eine Studie zu den Auswirkungen der Lkw-Notmaßnahmen in Tirol auf die Wirtschaft Italiens. So bezifferte Fontanili den jährlichen Schaden allein für italienische Unternehmen, welche von den Schwerverkehrsverboten direkt betroffen sind, mit rund 251,6 Mio. Euro. Zusammen mit weiteren Kosten, so die Studie, errechneten sich die wirtschaftlichen Gesamtauswirkungen zwischen 2018 und 2022 für Italien mit einem wirtschaftlichen Schaden von 1,8 Milliarden Euro.
Zudem wird auch das Beihilfen-System in Österreich für die Rollende Landstraße in Zweifel gezogen. Der Innsbrucker Universitätsprofessor Peter Hilpold bezeichnete es schlicht als „EU-rechtswidrig“ und fordert die EU-Kommission auf, die Beihilfenkontrolle zu intensivieren. Einerseits läge die Strecke Wörgl–Brenner unter der Mindestlänge von 100 Kilometern, andererseits fehle ein Nachweis, dass es durch die Förderung zu einer nachhaltigen Verkehrsverlagerung komme.
Was das System einer buchbaren Autobahn (Slot) betrifft, so erteilt Ebner diesem eine Abfuhr. Es sei falsch, dieses nur auf Lkw zu begrenzen. Generell sei es aber „weder rechtlich noch praktisch umsetzbar“. Und noch ein Argument, so Ebner: „Nicht einmal die Europaregion ist sich in dieser Frage einig.“
Scharfe Antworten aus Tirol
Innsbruck – „Wenn die italienische Transportwirtschaft denselben Aufwand betreiben würde, um zu nachhaltigen Transportlösungen beizutragen, wie sie in den Kampf gegen die Notwehrmaßnahmen steckt, wären wir unserem Verlagerungsziel schon ein großes Stück näher“, kommentiert Verkehrs-Landesrat René Zumtobel (SP) die Bozner Schadensberechnungen. Weder werde man die Slot-Verhandlungen stoppen noch ein einziges Lkw-Fahrverbot aufgeben. Das sagt auch Landeshauptmann Anton Mattle (VP): „Allein das Nachtfahrverbot abzulösen, hieße, dass dann 24 Stunden durch Tirol durchgefahren würde.“ Und genau das wolle man eben nicht. (mami)