Trump verbreitet weiter Lüge vom Wahlbetrug
Donald Trump hat im Fernsehsender CNN seine Lüge wiederholt, der Wahlsieg 2020 sei ihm gestohlen worden. Bei seinem damals von ihm an den Pranger gestellten Vize Mike Pence will er sich auch mehr als zwei Jahre nach der Stürmung des US-Kapitols nicht entschuldigen - dafür stellte er in Aussicht, viele der dafür verurteilten Randalierer im Falle seines Wiedereinzugs ins Weiße Haus zu begnadigen.
"Ich denke, wenn man sich das Ergebnis anschaut, und wenn man sich anschaut, was bei dieser Wahl passiert ist, wenn man nicht ein sehr dummer Mensch ist, dann sieht man, was passiert ist", sagte Trump am Mittwochabend (Ortszeit). Die Präsidentenwahl, die damals den Demokraten Joe Biden ins Amt brachte, sei manipuliert worden, so der Republikaner. CNN-Moderatorin Kaitlan Collins widersprach Trump, doch der blieb bei seiner vielfach widerlegten Behauptung und warf Collins vor, sie verfolge eine politische Agenda.
Trump bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner bei den Wahlen im Jahr 2024 - dafür muss er in den Vorwahlen seiner Partei bestehen. Dass Trump bei CNN auftritt, ist ungewöhnlich, denn der Sender gilt als eher liberal und wird von dem 76-Jährigen immer wieder heftig attackiert.
Trump wies auch nach seiner Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs in einem Zivilprozess die Vorwürfe gegen ihn erneut zurück. "Das ist eine erfundene Geschichte", sagte er und wetterte erneut gegen die Justiz. Er habe während des Verfahrens nicht persönlich ausgesagt, weil es eine "abgekartete Sache" gewesen sei, so Trump. Über die US-Autorin E. Jean Carroll, die den Prozess gegen ihn gewonnen hatte, sagte er: "Diese Frau kenne ich nicht. Ich habe sie nie getroffen. Ich habe keine Ahnung, wer sie ist."
Zu Pence sagte Trump: "Er ist ein sehr netter Mann. Er hat einen Fehler gemacht." Anhänger Trumps hatten am 6. Jänner 2021 den Parlamentssitz in Washington erstürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps demokratischem Herausforderer Joe Biden formal zu bestätigen. Die gewalttätige Menge wollte das verhindern. Pence leitete damals in seiner Rolle als Vizepräsident die Kongresssitzung - aus rechtlicher Sicht eine rein zeremonielle Aufgabe, doch hatte Trump seinen Vize zuvor öffentlich dazu aufgerufen, das Prozedere zu blockieren. Dabei hetzte er seine Unterstützer auch explizit gegen Pence auf. Auf die Frage der Moderatorin Kaitlan Collins, ob er Pence eine Entschuldigung schulde, sagte Trump: "Nein, denn er hat etwas falsch gemacht."
Dafür will er für die Stürmung des Kapitols verurteilte Randalierer im Falle seines Wiedereinzugs ins Weiße Haus begnadigen. "Ich bin geneigt, viele von ihnen zu begnadigen", sagte er. Auf die Frage, ob er auch Mitglieder der rechtsextremen Proud Boys begnadigen würde, antwortete er ausweichend: "Ich müsste mir ihren Fall ansehen." Er könne aber sagen, dass man in Washington keinen fairen Prozess bekomme.
Offen ließ Trump, ob er das amtliche Ergebnis der Präsidentenwahl 2024 akzeptieren würde. "Wenn ich denke, dass es eine ehrliche Wahl ist, würde ich das auf jeden Fall tun", entgegnete Trump am Mittwochabend (Ortszeit) in einer CNN-Sendung auf die Frage. Die Moderatorin hakte nach: "Werden Sie sich verpflichten, die Ergebnisse der Wahl unabhängig vom Ausgang zu akzeptieren?" Trump antwortete erneut ausweichend und sagte: "Wenn ich denke, dass es eine ehrliche Wahl ist, wäre es mir eine Ehre."
Zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine äußerte sich Trump ausweichend. Auf die Frage, ob er der Ukraine weiter Geld und Waffenlieferungen zur Verfügung stellen würde, sollte er die Präsidentenwahl 2024 gewinnen, sagte der Republikaner am Mittwochabend (Ortszeit) unter anderem: "Ich möchte, dass Europa mehr Geld zur Verfügung stellt, weil sie uns auslachen. Sie denken, wir sind ein Haufen Idioten." Trump beharrte erneut auf seiner Behauptung, er könne den seit mehr als 14 Monaten anhaltenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine in 24 Stunden beenden. Auf die Frage von Moderatorin Collins, ob Russlands Präsident Wladimir Putin ein Kriegsverbrecher sei, sagte Trump: "Wenn Sie sagen, dass er ein Kriegsverbrecher ist, wird es viel schwieriger sein, einen Deal zu machen."
Viel Kritik am Sender CNN hagelte es am Donnerstag wegen der Sendung mit Trump. Der bekannte Politikwissenschaftler Larry Sabato schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, wer vorausgesagt habe, dass die Townhall-Veranstaltung vom Mittwochabend eine "Pro-Trump-Katastrophe" werde, habe Recht behalten. Sabato forderte zudem von CNN eine "detaillierte Erklärung" zur Auswahl des Publikums, das Trumps Äußerungen mit viel Applaus, Jubel und Lachern bedacht hatte. "Ich kann nicht glauben, dass CNN es getan hat", twitterte der Kongressabgeordnete Jared Huffman von der Demokratischen Partei. "Sie haben nichts gelernt."
Der Medienexperte Mark Lukasiewicz schrieb auf Twitter, das "vorhersehbar katastrophale Bürgergespräch auf CNN war in der Tat katastrophal". Trump habe mit der Geschwindigkeit eines halbautomatischen Gewehrs vom Typ AR-15 Lügen verbreitet, CNN-Moderatorin Collins sei machtlos gewesen. "Das war Wahnsinn, absoluter Wahnsinn", schrieb der Journalist und Medien-Analyst Bill Carter. "Wie einem betrunkenen Onkel ein Mikrofon zu geben und zu sagen: leg los!"
Selbst Mitarbeiter von CNN übten scharfe Kritik. "Es ist schwer zu sehen, inwiefern Amerika durch dieses von CNN am Mittwochabend ausgestrahlte Lügenspektakel ein Dienst erwiesen wurde", schrieb CNN-Medienjournalist Oliver Darcy. CNN-Starmoderator Jake Tapper hatte direkt nach dem Bürgergespräch eingeräumt: "Wir haben nicht die Zeit, alle seine Lügen zu überprüfen."