Ukraines Präsident auf EU-Visite

Selenskyj holte in Rom neue Versprechen ab

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni empfing den ukrainischen Präsidenten Selenskyj betont herzlich.
© AFP/Pizzoli

Berlin sagt Kiew milliardenschwere Waffenlieferungen zu. Rom signalisiert dem ukrainischen Gast uneingeschränkte Unterstützung.

Rom, Berlin –Als im Quirinalspalast hoch über den Dächern von Rom die ukrainische Hymne gespielt wird, kommt für den Ehrengast an einem sonst regnerischen Tag sogar kurz die Sonne raus. Präsident Wolodymyr Selenskyj steht an der Seite von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella und legt die Hand auf die Brust. Über ihm weht die Fahne der Ukraine.

Italien legte dem Gast aus Kiew bei dessen erstem Besuch seit Beginn des russischen Angriffskrieges den roten Teppich aus. Rom wollte Nähe und Anteilnahme demonstrieren und auch Unterstützung zusichern. Regierungschefin Giorgia Meloni nannte Selenskyj „meinen Freund“, dem sie bei der Verteidigung gegen den russischen Einmarsch zur Seite stehe, „solange es nötig ist und darüber hinaus“.

Nachdem der Präsident in den vergangenen Monaten schon in Städten wie Washington, London, Paris, Brüssel und zuletzt Helsinki war, um für weitere militärische und finanzielle Hilfen zu werben, reist er an diesem Wochenende in zwei EU-Staaten. Von Rom geht es am Sonntag weiter nach Berlin bzw. Aachen, wo ihm der Karlspreis für europäische Verdienste verliehen wird. In Deutschland kann sich Selenskyj für ein weiteres Hilfspaket an Waffen und Munition im Umfang von weiteren 2,7 Milliarden Euro bedanken, das die Bundesregierung am Samstag verkündet hatte.

Solche Größenordnungen kriegt Italien nicht hin – dafür wollte Rom größtmögliche Entschlossenheit zeigen. Zusammen mit seinen Partnern werde das Mittelmeerland so lange Hilfen – auch militärische – zur Verfügung stellen, bis ein gerechter Frieden erreicht sei, also ohne eine Kapitulation Kiews vor Moskau. Das versprach Ministerpräsidentin Meloni.

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Sie hatte Selenskyj davor herzlich begrüßt. Gut gelaunt empfing die Politikerin ihren Gast im Hof ihres Amtssitzes, des Palazzo Chigi, Küsschen links, Küsschen rechts, beide hielten sich an den Armen fest, dann kurzer Smalltalk und ein Lächeln für die Fotografen. Mehr als eine Stunde sprachen die zwei im Rahmen eines Arbeitsessens im Anschluss miteinander.

Meloni hatte jüngst eine Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine nach dem Kriegsende organisiert. Nun warb sie energisch dafür, Kiew in die EU aufzunehmen, denn das Land kämpfe auch für die Zukunft Europas. Waffenlieferungen befürworte sie, damit die Ukraine auf dem Schlachtfeld nicht verliere. „Ein Frieden kann nicht auf eine Kapitulation folgen. Das wäre ein gefährlicher Frieden für Europa“, stellte sie klar.

„Italien stand und steht auf der richtigen Seite, auf der Seite der Wahrheit in diesem Krieg“, schrieb Selenskyj am Samstag bei Telegram.

Dabei hatten italienische Politiker in Kiew seit Beginn des Krieges immer mal wieder für Ärger, Enttäuschung und Empörung gesorgt. Meloni ließ zwar wie schon ihr Vorgänger Mario Draghi nie einen Zweifel daran, fest an Selenskyjs Seite zu stehen. Bei zwei wichtigen und prominenten Koalitionspartnern klang das jedoch anders: Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi äußerte sich mehrmals positiv über den guten Freund Wladimir Putin und verirrte sich gar in den Kommentar, Selenskyj sei für die Verwüstung der Ukraine und die vielen Toten verantwortlich. Lega-Chef Matteo Salvini trug früher T-Shirts mit dem Konterfei des Kreml-Chefs und polterte, er würde zwei Mattarellas gegen einen halben Putin tauschen.

Samstagnachmittag fuhr Selenskyj dann weiter in den Vatikan, wo ihn Papst Franziskus empfing. „Es ist eine große Ehre“, sagte der Präsident, als er vom Pontifex an der Eingangstür abgeholt wurde. Dieser bedankte sich bei Selenskyj für seinen Besuch – anschließend überreichten sie sich gegenseitig Geschenke.

Auch von Franziskus waren die Ukrainer nicht immer begeistert. Dass das Oberhaupt der Katholiken etwa in den ersten Wochen Russland nicht direkt als Aggressor nannte, nahmen dem Pontifex viele übel. Auch hätten es Politiker wie Selenskyj oder der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko gern gesehen, wenn Franziskus ihre Einladung nach Kiew angenommen hätte. Dies hätte ein Signal sein sollen.

Der Papst aber beharrte – und beharrt noch heute – darauf, dass nur derjenige als möglicher Friedensvermittler in Frage komme, der nicht Partei ergreife. Selenskyj erwiderte im Sender RAI 1, die Ukraine brauche keinen Vermittler, sondern einen gerechten Frieden. (TT, dpa)