Schaulaufen mit Indiana Jones an der Croisette
Harrison Ford, Natalie Portman, Tom Hanks oder Leonardo DiCaprio: Die Liste der Stars, die dieses Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes erwartet werden, ist lang. "Club Zero", der neue Film von Jessica Hausner läuft im Wettbewerb um die Goldene Palme.
Cannes – Am Dienstagabend starten die Filmfestspiele von Cannes. Das wohl wichtigste Filmfestival der Welt findet heuer zum 76. Mal statt. Stars haben sich angekündigt. Leonardo DiCaprio zum Beispiel, Scarlett Johansson, Natalie Portman oder Tom Hanks. 21 Filme konkurrieren um die Goldene Palme. Und außer Konkurrenz sind die Augen vor allem auf ein Abenteuer gerichtet: US-Schauspieler Harrison Ford wird mit "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" den letzten Teil der legendären Film–Reihe an der Croisette vorstellen.
Der Wettbewerb
Der 77–jährige deutsche Regisseur Wenders ist dieses Jahr gleich mit zwei Filmen in Cannes vertreten. Sein Spielfilm "Perfect Days" läuft im Wettbewerb und folgt dem Alltag eines japanischen Mannes, der als Putzkraft arbeitet. Die Hauptrolle wird von dem bekannten japanischen Schauspieler Koji Yakusho verkörpert. Außerdem wird sein Dokumentarfilm "Anselm – Das Rauschen der Zeit" über den Künstler Anselm Kiefer in einer Nebenreihe gezeigt. Auch im Wettbewerb vertreten ist die österreichische Filmemacherin Jessica Hausner. Ihr Drama "Club Zero" mit Mia Wasikowska in der Hauptrolle erzählt von einer gefährlichen Gruppendynamik an einer Schule.
Gespannt erwartet wird der neue Film von Wes Anderson: "Asteroid City" spielt in den 1950er Jahren in einer abgelegenen Wüstenstadt und ist unter anderem mit Tom Hanks, Scarlett Johansson, Tilda Swinton und Adrien Brody besetzt. In "May December", in dem es um eine Hollywood–Schauspielerin geht, sind Natalie Portman und Julianne Moore zu sehen (Regie: Todd Haynes). Jude Law und Alicia Vikander spielen in "Firebrand" (Regie Karim Aïnouz) den englischen König Henry VIII. und dessen Ehefrau Catherine Parr. Ein weiterer US–Star ist in "Black Flies" von Jean-Stéphane Sauvaire zu sehen – Sean Penn verkörpert darin einen Sanitäter. Insgesamt sind sieben der Wettbewerbs–Beiträge von Frauen – für Cannes ein Rekord.
Die neue Präsidentin Iris Knobloch
Iris Knobloch ist seit vergangenem Sommer als Präsidentin der Filmfestspiele im Amt und die erste Frau und erste Nichtfranzösin in dieser Funktion. Die Tochter von Charlotte Knobloch, frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, arbeitete lange in Führungspositionen für das US-amerikanische Major-Filmunternehmen Warner, heute ist sie unter anderem Chefin des Verwaltungsrats vom Streaming-Anbieter Deezer. Die Branche blickt daher gespannt darauf, ob sich das Filmfestival noch mehr in Richtung USA und insbesondere für Streaming-Anbieter öffnet. Diese sind bislang vom Wettbewerb ausgeschlossen – auch in diesem Jahr.
🎬 Trailer | Asteroid City
Ford, DiCaprio, Depp – große Riege an Filmstars
Drei Filme, die außer Konkurrenz laufen, sorgten vorab für Begeisterung. So reist Harrison Ford mit der Fortsetzung einer seiner legendärsten Filmrollen nach Frankreich. An der Seite des 80–Jährigen spielen in "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" Phoebe Waller–Bridge als "Indys" Patentochter und Mads Mikkelsen als Bösewicht mit. Es soll der letzte Film der Reihe sein – und es ist der erste, bei dem Steven Spielberg nicht Regie geführt hat.
Weltpremiere in Cannes feiert außerdem "Killers of the Flower Moon", der neue Film von Martin Scorsese. Das Krimidrama, in dem Leonardo DiCaprio, Robert De Niro und Brendan Fraser mitspielen, ist eine Apple–Produktion. US–Schauspieler Johnny Depp feiert außerdem nach dem beendeten Verleumdungsprozess mit seiner Ex–Frau ein kleines Comeback – er spielt im Historienfilm "Jeanne du Barry", der die Filmfestspiele am Dienstagabend eröffnet, Frankreichs König Ludwig XV.
🎬 Trailer | Indiana Jones und das Rad des Schicksals
Paula Beer, Sandra Hüller: Deutsche Schauspielerinnen in Cannes
Eine Nebenrolle in "Jeanne du Barry" hat übrigens Pauline Pollmann – eine junge Nachwuchsschauspielerin aus Hamburg, die im Film der Regisseurin Maïwenn Marie Antoinette verkörpert. Auch andere deutsche Schauspielerinnen sind in Cannes dabei. Zu den zwei Werken, in denen Sandra Hüller zu sehen sein wird, gehört "Zone of Interest" – ein Historiendrama, das von Rudolf Höß erzählt, der Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz war (Regie Jonathan Glazer). In "Anatomie d'une chute" von der Regisseurin Justine Triet verkörpert Hüller eine Mutter, die des Mordes verdächtigt wird.
Eine besondere Rolle in Cannes hat die Schauspielerin Paula Beer: Sie ist Mitglied der Jury, die den Preis in der Neben–Sektion Un Certain Regard vergibt. "Ich bin wahnsinnig neugierig, welche Filme wir dort sehen werden", sagte sie vorab der dpa. Sie freue sich darauf zu sehen, "was Filmschaffende weltweit momentan bewegt und sie in ihren Filmen festhalten."
Mehr Frauen als früher, aber weit von Gerechtigkeit entfernt
Etwa hundert Filme werden im Wettbewerb und zahlreichen Nebenreihen gezeigt. Auffallend ist heuer der starke Anteil an Filmen von Regisseurinnen. Gerade mal elf Jahre ist es her, dass im Wettbewerb keine einzige Filmemacherin vertreten war. In diesem Jahr sind ein Drittel der Filme der offiziellen Auswahl von Frauen.
Dennoch beklagen viele den nach wie vor Minderheitenstatus von Regisseurinnen im Bewerb. „Wir freuen uns darüber, aber es geht zu langsam vorwärts“, kommentiert dies eine Sprecherin vom Collectif 50/50, das für Geschlechtergerechtigkeit in der Kinowelt eintritt. Bis dato haben nur zwei Filmemacherinnen die Goldene Palme gewonnen, 1993 die Neuseeländerin Jane Campion und 2021 die Französin Julia Ducournau.
Auch wenn an den Filmschulen mittlerweile die Hälfte der Studierenden weiblich seien, gebe es wenige Filmemacherinnen, die jahrelang im Geschäft blieben, erklärt das Collectif 50/50. Zudem bekämen Regisseurinnen in der Regel geringere Budgets als ihre männlichen Kollegen. Und von der Parität ist man auch heuer in Cannes weit entfernt, stehen den sieben Filmemacherinnen im Wettbewerb doch 15 Männer gegenüber.
„Die Filmwelt tut sich schwer damit, sich von einer patriarchalischen Sicht der Gesellschaft zu lösen, auch wenn das Filmfestival von Cannes sich anscheinend bemühen will. (...) Mit ihren Filmen werfen die Regisseurinnen einen einzigartigen Blick auf die Welt. Sieben von ihnen sind dieses Jahr in Cannes in der Liga der Großen, dieser kleinen Welt der Exzellenz, die immer noch überwiegend eine Sache der guten Männer zu sein scheint. Die Gleichstellung von Männern und Frauen geht in der Filmbranche in kleinen Schritten voran. Die Auswahl 2023 in Cannes ist ein kleiner Fortschritt, aber man darf sich damit nicht zufriedengeben", kommentierte dazu die französische Tageszeitung L'Est Républicain.
Klassentreffen an der Croissette
Trotz des gestiegenen Frauenanteils, erinnert das heurige Cannes–Programm nach wie vor an ein Klassentreffen in Würde ergrauter Kinohelden – in diesem Jahr sind besonders viele Filmemacher im Wettbewerb, die schon mehrfach eingeladen wurden. So kommt der 86–jährige Brite Ken Loach bereits auf 15 Einladungen und zwei Goldene Palmen.
Wim Wenders bringt es mit seinen 77 Jahren immerhin auf zehn Einladungen und eine Palme. Die Italiener Marco Bellocchio (83) und Nanni Moretti (69) waren jeweils neun und acht Mal mit ihren Filmen im Wettbewerb vertreten. Eine "seniorenfreundliche Auswahl", spottete die französische Zeitschrift Télérama.
Auch Fans des US–Filmemachers Martin Scorsese und des Schauspielers Leonardo DiCaprio können sich freuen: Fast vier Stunden dauert der Film "Killers of the Flower Moon", der von einem Konflikt um Ölbohrrechte zwischen amerikanischen Ureinwohnern und weißen Siedlern erzählt. DiCaprio verkörpert den Neffen eines einflussreichen Ranchers, der sich das schwarze Gold unter den Nagel reißen will. Wer sich hingegen "Strange Way of Life" von Pedro Almodóvar ansehen möchte, steht unter Umständen länger in der Schlange als er im Kino sitzen wird. Gerade mal eine halbe Stunde dauert der Schwulen–Western, der außer Konkurrenz läuft.
Starschaulaufen gibt es auch in zahlreichen weiteren Werken. Todd Haynes bietet in "May December" um eine Hollywoodschauspielerin Natalie Portman und Julianne Moore auf. Jude Law und Alicia Vikander spielen in "Firebrand" den englischen König Henry VIII. und dessen Ehefrau Catherine Parr, und in "Black Flies" von Jean–Stéphane Sauvaire verkörpert Sean Penn einen Sanitäter. (jole, bunt, dpa, APA)