Drama im Kleinen

Ausgestellt und vorgeführt: „Die Riesin“ im Innsbrucker Brux

Wiltrud Stieger als Mariedl, die Riesin von Ridnaun.
© jarosch

Innsbruck – Die Dimensionen sind beeindruckend, doch das Drama findet hier im Kleinen statt. In Sätzen, die beinahe beiläufig eingestreut werden – und deren von allem Mitgefühl befreite Härte doch erschüttert. Die titelgebende „Riesin“ hat es tatsächlich gegeben. Maria Fassnauer wurde 1879 in Ridnaun bei Sterzing geboren und ist dort 38 Jahre später gestorben. Dazwischen war sie einige Jahre lang eine Attraktion – die größte Frau Europas. Findige Geschäftsmänner haben viel Geld mit ihr verdient. In Wien, Berlin und London wurde Mariedl als Tiroler Riesin ausgestellt und vorgeführt.

Sophie Reyer hat 2020 den Roman „Mariedl“ über Fassnauer geschrieben und ihn nun fürs 11. Tiroler Dramatiker*innenfestival zum Stück verdichtet – als leise Anklage der Ausbeutungsmechanismen im Showbusiness.

Philipp Rudig inszeniert den Stoff im Innsbrucker Brux als Sehnsuchtsstudie. Mariedl will nichts Außerordentliches, sondern ihre Ruhe – und die Aussicht auf Glück vielleicht. Zunächst erscheint der Aufbruch in die große Welt ein solches Glücksversprechen, dann – tausend Demütigungen später – verspricht die Rückkehr in die entbehrungsreiche Bergbauernidylle wenn nicht Frieden, dann wenigstens Zufriedenheit. Diese Entwicklung zeichnet „Die Riesin“ in zarten Strichen – und ohne denunziatorischen Furor – nach. Wiltrud Stieger spielt Mariedl eindrucksvoll – und in aller Uneindeutigkeit überzeugend: Mal ist sie staunendes Mädchen, dann abgebrühter Show-Profi, der gelernt hat, leise zu leiden. An den Gaffern und deren Sätzen, die noch härter treffen, wenn sie beiläufig gesagt werden.

Info

Die Riesin. Bis 2. Juni. Nächste Vorstellung: 1. Juni, 20 Uhr, im Brux Innsbruck.

www.dramatikerfestival.at

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