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Russland meldet Eroberung von Bachmut - Selenskyj dementiert

Russen feiern Eroberung von Bachmut
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Russland hat die vollständige Einnahme von Bachmut in der Ostukraine verkündet. Der russische Präsident Wladimir Putin beglückwünschte die Wagner-Söldnertruppe und die russische Armee zur "Befreiung" der umkämpften Stadt, die in Russland Artjomowsk genannt wird. In einer auf der Website des Kreml veröffentlichten Erklärung erklärte Putin, dass die Schlacht um Bachmut beendet sei. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dementierte.

Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin kündigte den Abzug seiner Truppen für die nächsten Tage an. Die Wagner-Gruppe werde ihre Positionen an das russische Verteidigungsministerium übergeben, sagt Prigoschin in einer Audiobotschaft auf Telegram. Am 25. Mai wolle die Gruppe die Konfliktzone verlassen.

Nach Angaben Selenskyjs ist Bachmut aber nicht vollständig unter russischer Kontrolle. "Bachmut ist heute nicht von Russland besetzt worden", erklärte er am Sonntag nach dem G7-Gipfel in Hiroshima.

Selenskyj stellte damit missverständliche, nicht eindeutige Aussagen von ihm zur militärischen Situation nach einem Treffen mit US-Präsidenten Joe Biden klar. Ein Reporter hatte ihn gefragt, ob Bachmut noch in ukrainischer Hand sei. Der Journalist schob nach, die Russen hätten gesagt, dass sie Bachmut eingenommen hätten. Der ukrainische Präsident antwortete mit den Worten: "Ich denke nicht."

Selenskyj betonte, die Stadt sei fast vollständig zerstört. Es gebe dort keine Gebäude mehr "und eine Menge toter Russen". Er sagte weiter: "Es ist eine Tragödie." Aber heute sei Bachmut "nur in unseren Herzen". Selenskyj dankte den ukrainischen Soldaten dort für ihren Einsatz. Der Generalstab in Kiew schrieb in seinem morgendlichen Lagebericht: "Der Kampf um die Stadt Bachmut geht weiter."

Die ukrainische Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar erklärte, ukrainische Streitkräfte hielten weiterhin Teile von Bachmut. Die eigenen Truppen hätten die Stadt an den Flanken teilweise eingekreist, betonte Maljar auf dem Chatdienst Telegram. Das ukrainische Militär hält nach eigenen Angaben "Befestigungsanlagen und einige Räumlichkeiten im Südwesten der Stadt", wie der Sprecher der Heeresgruppe Ost, Serhij Tscherewatyj, am Sonntag im ukrainischen Fernsehen sagte. Er räumte allerdings ein, dass die Lage kritisch sei und es schwere Kämpfe gebe.

Tscherewatyj nahm auch Stellung zu den missverständlichen Äußerungen von Selenskyj, die zunächst als Bestätigung für die russische Eroberung Bachmuts gewertet wurden, ehe Kiew sie dementierte. "Der Präsident hat es richtig gesagt - die Stadt ist praktisch dem Boden gleichgemacht", sagte Tscherewatyj. Selbst bei einer Eroberung hätte die Stadt weder militärischen noch politischen Nutzen für die Russen, "aber sie führen sich auf, als hätten sie Dnipro eingenommen." Die Millionenstadt Dnipro ist das wichtigste Industrie- und Rüstungszentrum im Südosten der Ukraine.

Das ukrainische Militär rückte nach eigenen Angaben nahe der Stadt Bachmut im Osten des Landes sogar weiter vor. "Speziell in den letzten 24 Stunden sind wir an einigen Teilstücken etwa 200 Meter vorgestoßen", sagte der Sprecher der Heeresgruppe Ost, Serhij Tscherewatyj, am Sonntagabend im ukrainischen Fernsehen. Bereits die ganze Woche sei das ukrainische Militär in der Umgebung der Stadt auf dem Vormarsch.

Das Verteidigungsministerium im Moskau hatte in der Nacht auf Sonntag mitgeteilt, dass die Privatarmee Wagner Bachmut mithilfe der Artillerie- und Luftunterstützung der russischen Streitkräfte komplett erobert hätte. Auch der Chef der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, hatte die Einnahme der seit Monaten äußerst hart umkämpften Stadt verkündet. "Alle, die sich ausgezeichnet haben, werden mit staatlichen Auszeichnungen geehrt", erklärte Putin nach Angaben des Kreml.

Am Sonntag tauchten in russischen Medien die ersten Bilder von Ordensverleihungen auf. Einige Auszeichnungen seien direkt in Bachmut vergeben worden, hieß es. Nach Kiews Dementi über die Einnahme behauptete Prigoschin, es gebe keinen einzigen lebenden ukrainischen Soldaten mehr in der Stadt. "Der letzte ist vor eineinhalb Stunden in Frauenkleidern über die Straße gerannt - und wir haben ihn erschossen."

Die Schlacht um Bachmut gilt als längste und verlustreichste des Krieges, der vor 15 Monaten mit dem russischen Einmarsch in das Nachbarland begann. Damals hatte die Stadt noch 70.000 Einwohner, inzwischen liegt sie weitgehend in Trümmern.

US-Präsident Biden vermied am Rande des G7-Gipfels eine Aussage, ob die Stadt eingenommen sei. Die Russen hätten jedoch "mehr als 100.000 Verluste" in Bachmut erlitten. "Das ist schwer wieder aufzuholen", sagte Biden. "In Bachmut stehen nicht mehr viele Gebäude. Die Stadt ist ziemlich verwüstet." Dass sowohl Kiew als auch Moskau einen Erfolg für sich verbuchen wollen, spricht vor allem für die emotionale Bedeutung der Ortschaft. Selenskyj hatte sie im Winter zu einer "Festung" erklärt.

Für den Verlauf des Kriegs ist Bachmut eher nebensächlich, wie Militärexperten beider Seiten einräumen. Bachmut war Teil des Verteidigungsriegels östlich des Ballungsraums von Slowjansk und Kramatorsk. Bis zum Herbst hätte ein Durchbruch die Gefahr einer Einkesselung dieses Ballungsraums bedeutet, da auch im Norden noch große russische Truppenteile standen. Nach dem erzwungenen Rückzug aus dem Gebiet Charkiw ist den Russen die zweite Flügelzange zur Einschließung von Slowjansk und Kramatorsk praktisch weggebrochen.

Zudem konnten die russischen Angreifer die Front nicht durchbrechen, sondern unter hohen Verlusten nur eindrücken. Die Ukrainer haben inzwischen neue Verteidigungslinien aufgebaut. Die Söldnereinheit Wagner ist so geschwächt, dass sie nach Angaben Prigoschins ins Hinterland abgezogen werden soll.

Der frühere russische Geheimdienstoffizier Igor Girkin spottete: "Die gemeinsame Winter- und Frühlingskampagne der russischen Armee und Wagners zur Vernichtung unserer Infanterie am Donezker Frontabschnitt ist erfolgreich abgeschlossen." Girkin, der 2014 den Separatistenaufstand in der Ukraine anführte und generell den Angriffskrieg gegen die Ukraine befürwortet, kritisiert seit Monaten Russlands Kriegsstrategie als dilettantisch.

Unterdessen wurden in Russland erneut Differenzen zwischen den Söldnern und den regulären russischen Truppen deutlich: "Praktisch niemand von der Armee hat uns geholfen", erklärte Wagner-Gründer Prigoschin auf dem Chatdienst Telegram mit Blick auf die von Putin in Aussicht gestellten Auszeichnungen.

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