Womöglich schon im Juni

Griechenland steuert nach Sieg von Mitsotakis auf Neuwahlen zu

Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und seine Nea Demokratia haben die Wahl klar gewonnen.
© ARIS MESSINIS

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Zwar haben die Konservativen die Parlamentswahl klar gewonnen, doch für die Regierungsbildung reicht es nicht. Die Griechen richten sich auf einen weiteren Urnengang ein.

Athen – Nach dem deutlichen Sieg in Griechenland von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bei der Parlamentswahl steuert das Land auf Neuwahlen zu. Seine konservative Partei Nea Dimokratia (ND) kam nach Auszählung von 96 Prozent der Wahllokale auf 40,8 Prozent der Stimmen, für eine absolute Mehrheit reichte es trotz des guten Abschneidens jedoch nicht. Mitsotakis machte deutlich, dass er statt auf eine Regierungskoalition auf Neuwahlen setzt, um alleine regieren zu können.

Mitsotakis erhielt am Montag von Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaropoulou formell ein dreitägiges Sondierungsmandat zur Regierungsbildung, wie das Staatsfernsehen berichtete. „Es besteht keine Möglichkeit für eine Koalition. Ich werde das Mandat heute schon zurückgeben", sagte er bei dem Treffen. Stattdessen wird er die Chefs der zweit- und drittstärksten Partei kontaktieren und ihnen vorschlagen, ihre Sondierungsmandate ebenfalls zurückzugeben, damit Neuwahlen so schnell wie möglich stattfinden können. Es war bereits im Vorfeld des Votums in Griechenland erwartet worden, dass kurz nach der Wahl eine weitere Runde stattfinden könnte

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind sowohl Ex-Regierungschef Alexis Tsipras von der Linkspartei Syriza (20 Prozent) als auch Nikos Androulakis von der sozialdemokratischen PASOK (11,5 Prozent) dazu bereit. Dann könnten eine weitere Wahlrunde bereits am 25. Juni stattfinden, mutmaßten Experten im Staatsfernsehen.

Die Konservativen erlangten bei der Wahl am Sonntag gut 20 Prozentpunkte mehr als die linksgerichtete Syriza-Partei von Tsipras, die rund 20 Prozent der Stimmen erreichte. Das gemäßigte linke Bündnis PASOK-KINAL unter Führung von Androulakis kam auf 11,5 Prozent der Stimmen

📽️ Video | Gelegs (ORF) über Neuwahlen in Griechenland

Der deutliche Sieg der ND sei ein „politisches Erdbeben", hieß es vom Wahlsieger. Der Sieg habe die eigenen Erwartungen übertroffen, sagte Mitsotakis. Sein Lager kam auf 146 der 300 Parlamentssitze, zur Bildung einer Alleinregierung sind fünf weitere Sitze nötig. Es war das beste Ergebnis der Partei seit 2007.

Angesichts der verpassten absoluten Mehrheit steht Mitsotakis vor der Wahl, entweder schwierige Koalitionsverhandlungen oder Neuwahlen anzustreben. Der 55-Jährige machte am Sonntag klar, welche Option er bevorzugt. „Gemeinsam werden wir ab morgen dafür kämpfen, dass bei den nächsten Wahlen das, was die Bürger bereits beschlossen haben (...), auch mathematisch bestätigt wird."

📽️ Video | Konservative siegen bei Griechenland-Wahl

Bei einem erneuten Urnengang würde der Wahlsieger laut den Regeln in Griechenland von einem Bonus profitieren, der ihm bis zu 50 zusätzliche Sitze und somit womöglich eine stabile Mehrheit verschaffen könnte. Die ND hatte bei der Parlamentswahl 2019 von einem ähnlichen Bonus profitiert, für den Wahlgang 2023 war die Regelung jedoch geändert worden. Mitsotakis' Innenminister Takis Theodorikakos hatte dem privaten Fernsehsender Skai gesagt, dass die Konservativen angesichts der Ergebnisse in einer zweiten Wahlrunde genug Stimmen erhalten könnten, „um die Reformen als unabhängige Regierung fortzuführen".

Auch Wahlverlierer Tsipras, der das Land von 2015 bis 2019 regierte, rechnete offenbar mit einem erneuten Urnengang. „Der Wahlzyklus ist noch nicht vorüber", sagte er nach der Veröffentlichung erster Ergebnisse. Der nächste Kampf werde „entscheidend" sein.

Die Wahlbeteiligung betrug am Sonntag 60 Prozent. Zu der Wahl waren fast zehn Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, darunter 440.000 Erstwähler. (APA/Reuters/dpa)

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