SOS Kinderdorf hilft minderjährigen Flüchtlingen
Dass traumatisierte, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Griechenland bestens psychologisch betreut werden - das hat sich SOS Kinderdorf zum Ziel gesetzt. Darum wurde mit Unterstützung des Landes Tirol ein Projekt ins Leben gerufen, in dem Mitarbeiter der dortigen Träger im Umgang mit diesen Jugendlichen geschult werden. Über 1.000 wurden bereits ausgebildet, hieß es von der Organisation gegenüber der APA. Auch ein Pilotprojekt mit Gruppentherapie wurde aufgesetzt.
Sie sind vielfach traumatisiert - durch die Flucht an sich, sowie durch Gewalt, Missbrauch, Krieg oder den Verlust naher Angehöriger. Kommen in ein fremdes Land mit anderer Kultur, mit ungewisser Zukunft und Aufenthaltsort. Und treffen dabei oft auf ein überfordertes System mit dutzenden kleinen und großen privaten Trägern, die für die Unterbringung der Minderjährigen zuständig sind. Auf psychische Probleme der Kinder und Jugendlichen konnte vielfach nicht reagiert werden, sie landeten - wie bei "gewöhnlichen Erkrankungen" - im ohnehin überlasteten griechischen Gesundheitssystem. So war es bisher.
Das will SOS Kinderdorf nun ändern. Im vergangenen Jahr startete das Projekt offiziell, das von SOS Kinderdorf Österreich mitinitiiert worden war. Umgesetzt wird es von SOS Kinderdorf Griechenland in Zusammenarbeit mit dem dortigen Gesundheitsministerium, das für die Beauftragung der Unterbringung zuständig ist.
"Insgesamt wurde für das Projekt rund eine Million Euro in die Hand genommen. Die Hälfte davon, rund 500.000 Euro, kommt vom Land Tirol", erklärte Philipp Zwehl von SOS Kinderdorf Österreich im APA-Gespräch. Er begleitet das Vorhaben hierzulande federführend und wacht darüber, dass die Mittel effizient eingesetzt werden. Der Bedarf ist offenbar groß: Im Jahr 2022 hatte es über 2.000 unter 18-jährige Geflüchtete in Griechenland gegeben, die ohne Begleitperson, etwa über das Mittelmeer, ankamen. 75 Prozent der Flüchtlinge leiden an Symptomen von milden bis schweren psychischen Problemen und brauchen psychologische Betreuung, so Zwehl. Sie würden etwa unter Schlafstörungen und Depressionen leiden. Auch "selbstverletzendes Verhalten" werde festgestellt.
"Ziel ist es, dass die minderjährigen Flüchtlinge mit ihren psychischen Problemen in den Shelters, in denen sie untergebracht sind, nicht mehr allein gelassen werden", betonte der SOS Kinderdorf-Verantwortliche. Jeder soll bei Bedarf psychologische Hilfe erhalten. Dabei sei man auf einem guten Weg. So etwa bei den (Online)-Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedensten Träger durch SOS Kinderdorf Griechenland: Mit etwa 250 zu Schulenden hatte man ursprünglich gerechnet, nun habe man bereits 1.055 Personen professionelles Wissen vermittelt.
Darüber hinaus finde auf einem zweiten Level auch ein sogenanntes "Training of the Trainers" statt - die Mitarbeiter vor Ort würden so geschult, dass sie dann selber wiederum andere ausbilden können. 52 an der Zahl könne man in diesem Bereich mittlerweile schon vorweisen. 43 Träger-Einrichtungen würden zudem bereits regelmäßige klinische Supervisionen erhalten, wie es beispielsweise in Österreich Standard sei.
Und nicht zuletzt begann man mittlerweile mit Gruppentherapien für besonders belastete männliche Kinder und Jugendliche mit starken Symptomen. Hier würden auch Kolleginnen und Kollegen von SOS Kinderdorf selbst tätig werden. "Wir haben jetzt mit drei Gruppen im Raum Athen und Thessaloniki gestartet. Die Gruppengröße beträgt bis zu zehn Personen. Weitere Standorte in Griechenland sind in Planung", berichtete Zwehl.
Mit Ende des Jahres soll das Projekt in Griechenland abgeschlossen sein, dann will sich SOS Kinderdorf wieder daraus zurückziehen. Bis dahin gehe es auch darum, zu evaluieren, welche Elemente des Projekts von staatlicher Seite übernommen werden können. "Wir haben jedenfalls bisher sehr gutes Feedback erhalten. Mit dem Projekt wird man aus der Logik 'Ich denke nur in meiner eigenen Organisation' herausgezogen. Man arbeitet zusammen, hilft und lässt sich helfen. Es ist ein gemeinsamer Kraftakt", zog Zwehl eine positive Zwischenbilanz. Ähnliche Vorhaben in anderen Ländern seien jedenfalls angedacht.