Aus für russisches Gas

Gewessler nimmt Energieversorger in die Pflicht und forciert thermische Sanierung

Die Umweltministerin wirbt für thermische Sanierungen.
© HENRIK MONTGOMERY

Die Energieministerin weist Kritik der EU-Kommission an fehlenden kurzfristigen Ausstiegsplänen zurück. Bezüglich thermischer Sanierung will die Ministerin die Förderfälle verdreifachen. Eine halbe Million Häuser seien nicht ausreichend gedämmt.

Wien – Energieminister Leonore Gewessler (Grüne) sieht beim Ausstieg aus russischem Gas bis 2027 die Energieunternehmen in der Pflicht. "Mein nächster Schritt ist die Energieversorger an den Tisch zu holen", sagte Gewessler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz zum Sanierungsbonus auf Journalistennachfrage. Die Versorger müssten "einen Beitrag leisten" und ihre Ausstiegspläne präsentieren. Es könne nicht sein, wenn es schwierig werde, dass die Politik das Risiko übernehme.

Gestern übte die EU-Kommission Kritik an Österreich, weil es keinen "klar definierten kurzfristigen" Plan zur vollständigen Abkoppelung von russischen Gasimporten gibt. Österreich konnte seine Abhängigkeit zwar verringern, liege aber noch immer weit über dem EU-Durchschnitt. Gewessler wies die Kritik zurück und verwies darauf, dass der Anteil der Gasimporte aus Russland von März 2022 bis Dezember 2022 von 80 auf 50 Prozent gesunken sei. Im März 2023 kamen dann aber wieder 79 Prozent der Gasimporte aus Russland. Der Anteil schwanke "monatlich ziemlich stark", so die Energieministerin. "Wir sind noch nicht am Ziel, wir sind noch nicht über den Berg."

📽️ Video | Gewessler: Versorger müssen Pläne vorlegen

Gewessler hat ein Konzept für den Ausstieg aus russischem Gas vom Ex-OMV-CEO Gerhard Roiss und dem ehemaligen E-Control-Chef Walter Boltze erarbeiten lassen und Ende April präsentiert. Die Ministerin will die Energieversorger bei der Speicherung von nicht-russischem Gas stärker in die Pflicht nehmen und Teile des OMV-Gasgeschäftes in die Staatsholding ÖBAG übertragen. Des weiteren solle sich Österreich Gasmengen der OMV in Norwegen und Rumänien samt Transportkapazitäten sichern. Regierungsintern ist dies allerdings noch nicht koordiniert.

Gewessler will thermische Sanierung ankurbeln

Gewessler kündigte zudem am Donnerstag an, die thermische Sanierung von Gebäuden forcieren zu wollen und startet deswegen eine Werbekampagne mit dem Slogan "Österreich ist nicht ganz dicht". Mit der Kampagne wolle man die Bevölkerung über die Möglichkeiten der Sanierung informieren und die Förderfälle für thermische Sanierung verdreifachen, sagte Gewessler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Eine halbe Million Häuser in Österreich seien nicht ausreichend gedämmt.

Oftmals seien Wände, Fenster, Türen und Dächer, nicht ganz dicht oder nicht gut gedämmt, so die Umweltministerin. Sanieren leiste auch einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas, weil dadurch der Energieverbrauch für Wärmezwecke deutlich sinke.

Der Marktforscher Branchenradar hatte im März berichtet, dass die staatliche Förderung für thermische Sanierung von Wohnraum nur zaghaft genutzt wird. Um die thermische Sanierung attraktiver zu machen, hob das Klimaministerium zu Jahresbeginn die Förderbeträge 2023 an. Die Fördersätze steigen von maximal 30 auf maximal 50 Prozent, weiters wurden die Sanierungspauschalen angehoben. Der Sanierungsscheck für Private (Ein- und Zweifamilienhaus, Reihenhaus) wurde auf bis zu 14.000 Euro pro Projekt erhöht.

Für die Jahre 2023/24 hat die Regierung für die thermische Sanierungsoffensive für Private und Betriebe sowie die Förderungsaktion "raus aus Öl und Gas" rund 940 Mio. Euro budgetiert. Letztes Jahr entfielen laut Gewessler rund 20 Prozent der Förderungen auf thermische Sanierung und 80 Prozent auf den Kesseltausch.

Der Obmann des WKÖ-Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie, Robert Schmid, sieht nun gute Voraussetzung für die thermische Sanierung, weil aus seiner Sicht Rohstoff- und Arbeitskräftemangel derzeit kein Thema mehr ist. "Wir haben genug Material und Arbeitskräfte", sagte er bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Gewessler. Die Preisentwicklung bei Sanierungen sei auch "im Rahmen". "Es gibt keinen Grund, die thermische Sanierung nicht anzugehen", so Schmid. Eine Gebäudedämmung rechne sich meist in weniger als zehn Jahren und mit dem neuen Sanierungsbonus oft deutlich schneller. "Mit einer umfassenden Sanierung lassen sich 70 bis 80 Prozent der Heizkosten einsparen", erklärte der Klima- und Energiesprecher von Global 2000, Johannes Wahlmüller.

Bei einer aktuellen Meinungsumfrage von TQS Research&Consulting nannten 44 Prozent der befragten Eigenheimbesitzerinnen und Eigenheimbesitzer Kosteneinsparung durch weniger Energieverbrauch als Hauptmotivation zur Sanierung. Auf die Frage, welche Gründe gegen eine Sanierungs- oder Verbesserungsmaßnahme sprechen, verwiesen fast zwei Drittel der Befragten auf die Komplexität und den zeitlichen Aufwand des Vorhabens.

Die Werbekampagne zum Sanierungsbonus soll während der Förderperiode 2023/24 in TV, Hörfunk, Print und online laufen. Das Kampagnenbudget für das Jahr 2023 beläuft sich auf 3,25 Mio. Euro. (APA)

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