Pendel schlägt aus für Doskozil: Wiener SPÖ-Chef Ludwig gibt die Abstimmung frei
Drei Tage vor der Entscheidung im Machtkampf dreht sich Stimmung hin zu Doskozil. Jetzt hängt alles von der Dramaturgie am Parteitag ab.
Wien – Am Dienstag traf sich der 100-köpfige Wiener Ausschuss der SPÖ. Und dabei ließ der SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig aufhorchen. Er gab die Abstimmung am Parteitag explizit frei. Das war dann doch überraschend. Schließlich war er bei der Mitgliederbefragung für die Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Und er tendierte nach der knappen Niederlage von Rendi-Wagner hin zu Babler.
Denn zwischen dem Wiener Bürgermeister und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil herrschte schon länger eine Eiszeit. Knapp vor der Sitzung des Wiener Ausschusses kam es zu einem Treffen zwischen Doskozil und Ludwig.
Die nunmehr neutrale Haltung des Wiener Bürgermeisters könnte am Parteitag das Pendel Richtung Doskozil ausschlagen lassen, wurden doch bislang die Funktionäre der Wiener SPÖ mehrheitlich im Babler-Lager verortet. Auch bei den Funktionären der Gewerkschaft zeigt sich drei Tage vor dem Parteitag in Linz keine einhellige Meinung. Bei den Spitzenfunktionären der Gewerkschaft ist aber die Ablehnung Doskozils ausgeprägter.
Eindeutiger ist die Situation bei den SPÖ-Frauen und vor allem bei der Parteijugend: Dort ist eine klare Mehrheit für den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler auszumachen.
Babler über die EU: „überhaupt nicht leiwand“
Bei den Länder-Funktionären kann Doskozil außer bei seinen Burgenländern vor allem in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark mit einem Überhang rechnen. Vorarlberg ist im Babler-Lager, eine offene Situation herrscht in Kärnten und Tirol vor.
Vorsitzkandidat Babler muss sich zudem wegen einer umstrittenen EU-kritische Aussage verteidigen. Babler nennt die EU in dem nun aufgetauchten Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2020 etwa das „aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat“. Die Union sei in der Doktrin „schlimmer als die NATO“. Er finde die EU „überhaupt nicht leiwand“, sagt Babler in dem Podcast des PR-Beraters Rudolf Fußi. Fußi gilt als Unterstützer von Doskozil.
Jetzt sagt Babler: Seine Formulierung „mag überzogen sein“, doch sollte man nicht „über semantische Spitzfindigkeiten“ diskutieren. Und er fügt hinzu: „Ich vermisse die Energie, die sich jetzt an meiner drei Jahre alten Aussage entlädt, wenn es darum geht, wie wir die EU sozialer machen können, die Orbanisierung der EU verhindern können und wie wir Festung Europa und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen überwinden können.“
Auch wenn ein knapper Sieg für Doskozil möglich scheint, hängt alles von der Dramaturgie am Parteitag ab. Jeweils 45 Minuten wird den beiden Kandidaten Zeit bleiben, die Delegierten zu überzeugen. Doskozil beginnt. Das ergab der Losentscheid. Dann kommt es zur Debatte. Dafür sind drei Stunden vorgesehen. Die Wahl wird für 18 Uhr erwartet.