Was unser Futter futtert: So landet Gentechnik indirekt auf unseren Tellern
Vor allem in Nord- und Südamerika werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. In Österreich (noch) nicht. Über Umwege landen die Produkte trotzdem auf unseren Tellern.
Wien – Gentechnisch veränderte Produkte werden in Österreich überwiegend abgelehnt. In Europa ist die Nutzung von „grüner Gentechnik“ streng reguliert. Wissenschaftler fordern eine Liberalisierung. In der EU wird aktuell an einer neuen Richtlinie zu „gentechnisch veränderten Organismen“ (GVO) gearbeitet. Die EU-Kommission will ihre Pläne dazu voraussichtlich am Mittwoch vorlegen.
In anderen Teilen der Welt ist Gentechnik schon lange im Einsatz. Auf dem amerikanischen Kontinent „haben sich die Glyphosat-resistenten Sojabohnen-Sorten enorm weit verbreitet. Sie dominieren inzwischen den Anbau in Nord- und Südamerika“, erklärt Hermann Bürstmayr, Leiter des Instituts für Pflanzenzüchtung an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. „Und wir importieren das.“
Was macht man hierzulande damit?
„Das genetisch veränderte Soja wird in der Tierfütterung verwendet. Nicht als Sojabohne, wie sie auf dem Feld gewachsen ist, sondern als extrahiertes Sojaschrot“, erklärt Bürstmayr. Gentechnisch verändertes Soja „essen wir in Österreich ja nicht direkt, sondern wir geben es zuerst einmal den Tieren als Futter und dann essen wir die tierischen Produkte“.
Der europäische Verein „Donau Soja“ mit Sitz in Wien setzt sich nach eigenen Angaben für die Förderung einer europäischen und nachhaltigen Sojaproduktion ein. Gefragt nach den Importzahlen, heißt es: Jährlich würden rund 500.000 Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot nach Österreich importiert – davon seien schätzungsweise 330.000 Tonnen gentechnisch verändertes Soja.
Laut EU-Recht müssten alle Lebensmittel, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen, wie Soja, hergestellt wurden, entsprechend gekennzeichnet sein, sagt Greenpeace. „In den österreichischen Supermarktregalen finden sich derzeit keine solchen Produkte, denn die Importe dienen als Futter für (Mast-)Schweine sowie zu einem geringeren Teil auch für Mastrinder.“ Bei Produkten von Tieren, die mit gentechnisch verändertem Futter aufgezogen wurden, bestehe keine Kennzeichnungspflicht. Nur bei Bio-Produkten dürfe kein gentechnisch verändertes Soja verfüttert werden. „Außerdem haben sich die gesamte österreichische Milchwirtschaft sowie Österreichs gesamte Geflügel-Branche (Fleisch sowie Eier) geschlossen darauf geeinigt, auf gentechnisch veränderte Futtermittel gänzlich zu verzichten.“
Auswirkungen auf die Gesundheit?
„Ich habe die erste GVO-Soja in den USA Ende der 1990er-Jahre gesehen. Es wird also seit mindestens 20 Jahren intensiv verfüttert an alle möglichen Tiere. Wenn da etwas einigermaßen Relevantes aufgetreten wäre, dann wüsste man das. Da gibt es eine so breite Anwendung, dass man das nicht völlig unter den Teppich kehren könnte“, konstatiert Werner Zollitsch, Leiter des Zentrums für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit ebenfalls an der Boku in Wien.
Zollitsch sieht anderorts Probleme: „Wir sind von Futtermitteln im Wesentlichen aus Nord- und Südamerika abhängig. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir unsere Schweine nicht auf der Basis unserer Ressourcen, die wir in Österreich zur Verfügung haben, halten können.“ Für Zollitsch ist „grundsätzlich zu hinterfragen, wie schlau das ist“.
Der Preis entscheidet
Im niederösterreichischen Herzogenburg hält Franz Rauscher Hunderte Schweine auf seinem Hof. 500 Stück davon sind an ein Tierwohlprogramm mit Auslauf und Stroh gekoppelt, der Rest wird noch konventionell gehalten. Er zählt damit zu den größeren Schweinebauern Österreichs, die sich vor allem im Osten des Landes befinden. Hier vom Tullnerfeld aus liefert er sein Schweinefleisch an eine Erzeugergemeinschaft, die wiederum verkauft es im ganzen Land an Schlachthöfe, welche die Gastronomie und den Einzelhandel beliefern.
Rauscher fährt zwei Programme – einmal kommt gentechnikfreie Fütterung zum Einsatz. In einem separaten Stall fressen die Schweine Sojaschrot, das aus gentechnisch veränderter Pflanzenzucht stammt. Die Gründe, warum Rauscher das tut, liegen auf der Hand. „Im besonders hochwertigen Bereich – Bio und Tierwohl – wird Gentechnikfreiheit gefordert und die Konsumenten sind bereit, diesen hohen Preis zu zahlen.“ Doch vielen Menschen ist das zu teuer, deswegen setze man auch auf „konventionelle Schweinefütterung“, erklärt Rauscher. Dort wird eben das billigere Gen-Soja verwendet, um die Kosten niedrig zu halten.